Neues Landesmuseum auf dem Petersberg in Erfurt?

Von der Eiszeit bis zur Neuzeit

Der schlafende Riese soll geweckt werden. Auf dem Petersberg in Erfurt könnte ein Landesmuseum für Kultur und Geschichte entstehen. Die Idee fasziniert. Sie umzusetzen wird wohl zehn Jahre dauern, eine zweistellige Millionensumme müsste investiert werden.

Die ehemalige preußische  Defensionskaserne liegt wie ein mächtiger Riegel auf dem Plateau der Festung Petersberg. Im rechten Winkel dazu erhebt sich die größte romanische Basilika Thüringens, die Kirche St. Peter und Paul. Beide von Geschichte und Geschichten geprägten Denkmale könnten das neu zu errichtende Landesmuseum für Kultur und Geschichte Thüringens aufnehmen. Dafür müssen aber Voraussetzungen geschaffen werden.

Die ehemalige preußische Defensionskaserne könnte in zu einem Landesmuseum für Kultur und Geschichte entwickelt werden.
Die ehemalige preußische Defensionskaserne (links im Bild) könnte in zu einem Landesmuseum für Kultur und Geschichte entwickelt werden.

Am 9. September 2017 unterzeichneten Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein eine Absichtserklärung, einen Letter of intent, über die Entwicklung eines Landesmuseums. Zu diesem Zeitpunkt loderte längst ein öffentlicher Konflikt zwischen dem Land, der Stadt Weimar und einer Weimarer Bürgerinitiative. Die Kritiker befürchten, dass das Museum für Ur- und Frühgeschichte von Weimar nach Erfurt umgesetzt und als Nukleus eines künftigen Landesmuseums dienen könnte. Das Museum gehört zum Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, ist de facto ein Landesmuseum. Die Weimarer Dauerausstellung auf 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche stammt aus dem Jahr 1999. Sie kann nur einen Bruchteil der Sammlungen zeigen, die ca. 300.000 Objekte aus ganz Thüringen umfassen. Davon gehören etwa drei Prozent zum Altbestand bis 1949. Das ist wichtig zu erwähnen, weil die Weimarer Kritiker die Sammlungsgeschichte beschwören als Argument, den Standort Weimar um jeden Preis zu halten.

Nach einer Studie vom März 2015 würden notwendige Erweiterungen und Modernisierungen des Museums und von Funktionsräumen des Landesamtes in Weimar rund 23 Millionen Euro kosten. Daran erinnert Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage im Thüringer Landtag vom 6. November 2017. Hinzu kommt, dass auf dem Erfurter Petersberg bereits die Abteilung Denkmalpflege des Landesamtes residiert, dort künftig alle Struktureinheiten inklusive Museum, Depots, Labors und anderer Funktionen zusammengeführt werden könnten.

Museumskonzept bis 2019 angekündigt
Der mit der Absichtserklärung von Land und Stadt Erfurt verbundene Prüfauftrag beinhaltet drei Aufgaben. Sie sollen nach Aussagen der für Kultur zuständigen Thüringer Staatskanzlei bis zum Jahr 2019 erledigt werden. Es handelt sich um ein Museumskonzept, eine Machbarkeitsstudie und eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Die Arbeitsgruppe Museumskonzept mit Vertretern von Land, Stadt und aus Museen konstituierte sich am 8. Dezember 2017. Die Fachleute sollen ein Konzept für ein „modernes Landesmuseum für Kultur und Geschichte“ entwickeln, das „umfassend die wichtigsten Aspekte der Landesgeschichte von der Eiszeit bis in die Neuzeit“ einem breiten Publikum vermitteln soll. Der Standort des Landesmuseums, Weimar oder Erfurt, bleibt offen. So ist der Auftrag in der Museumsperspektive 2025 der Thüringer Staatskanzlei formuliert, einem Diskussions- und Strategiepapier vom Oktober 2017, das die gesamte Museumslandschaft in Thüringen im Blick hat.

Die ehemalige preußische Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg verfügt über ca. 10.000 Quadratmeter Nutzfläche. Für eine Dauerausstellung kämen ca. 4.000 Quadratmeter infrage. Der inhaltlich-wissenschaftliche, gestalterische und vermittelnde Anspruch einer modernen Dauerausstellung zur Thüringer Landesgeschichte liegt hoch. Als Vorbilder kursieren unter Experten das Haus der europäischen Geschichte in Brüssel oder das Museum für jüdische Kultur in Warschau. Über die denkmalgerechte Sanierung streiten Baufachleute, seit es seit den 1990er-Jahren Pläne für eine Umnutzung der Defensionskaserne gibt. Ein fast 200 Jahre altes Gebäude mit „bombensicheren“ Mauern, kleinteiliger Struktur und einer Bausubstanz, die Überraschungen garantiert, soll Anforderungen eines modernen Museums genügen. Über die Höhe möglicher Investitionen und einen Zeitplan will zum jetzigen Zeitpunkt niemand spekulieren. Zum Vergleich: Das im Mai 2014 in einem sanierten historischen Gebäude neu eröffnete Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz kostete rund 40 Millionen Euro. Das neue Bauhaus Museum in Weimar benötigt mehr als 12 Jahre von ersten Planungen bis zur Eröffnung im April 2019.

Die Kirche St. Peter und Paul (im vordergrund) soll schon mal für 5 millionen Euro zu einem Veranstaltungs- und Ausstellungsort bis zur BUGA 2021 umgebaut werden. Alle Fotos: mip
Die Kirche St. Peter und Paul (im Vordergrund) soll bis zur BUGA 2021 für 5 Millionen Euro zu einem Veranstaltungs- und Ausstellungsort  umgebaut werden. Fotos: mip

Die der  Defensionskaserne benachbarte Peterskirche soll nicht als Museum eingerichtet, aber als Ausstellungsort, Veranstaltungs- und Konzerthalle denkmalgerecht saniert werden. Dafür stehen voraussichtlich 4,9 Millionen Euro ab Sommer 2018 bereit. Sie sind Teil eines Investitionspaketes in Höhe von 18 Millionen Euro. Damit sollen fünf Projekte auf dem Petersberg finanziert werden, die bis zur Eröffnung der Bundesgartenschau BUGA im April 2021 fertiggestellt werden müssen. Der Erfurter Stadtrat hat den zehnprozentigen Eigenanteil der Stadt gerade beschlossen.

Die Festung Petersberg gehört zu den drei Hauptstandorten der BUGA. Im Jahr 2021 soll in und an der Defensionskaserne unter anderem regionale Kunst präsentiert werden, sagt eine Sprecherin der BUGA-Gesellschaft. In der dann hoffentlich sanierten Peterskirche plant der Eigentümer, die Thüringer Stiftung Schlösser und Gärten, eine Ausstellung über Klosterleben, historische Gärten und Gartenkünstler Thüringens.

Noch hängen in den Fenstern der Defensionskaserne auf Spanplatten aufgezogene zeitgenössische Künstlerfotos einer Open-Air-Ausstellung von 2015.  Die Peterskirche mit ihrer internationalen Dauerausstellung konkreter Kunst blieb 2017 geschlossen. Das sind Geschichten von gestern. Die Landesgeschichte Thüringens soll hier in vielleicht zehn Jahren mit hohem Anspruch erzählt werden. Noch ist das eine faszinierende Idee.

Der Beitrag erschien zuerst in der Tageszeitung Freies Wort (Printausgabe).
EF Petersberg FW 2017-12-29

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