Das Schauspielhaus Am Klostergang ist ein emotional hoch aufgeladener Ort in Erfurt, verbunden mit Erinnerungen an Menschen, Inszenierungen, Begegnungen. Friedo Solter inszenierte 1982 Bertolt Brechts Frühwerk „Baal“ mit Klaus Schleiff in der Titelrolle. Ich hatte das große Glück, die Premiere erleben zu dürfen, die eine Uraufführung in der DDR war. Am 27. Februar 1982 saß ich neben meiner Mentorin Eva Reinhardt und dem TLZ-Kollegen Georg Menchén. Und ich erlebte einen Rebellen Baal in Gestalt von Klaus Schleiff, dem Friedo Solter alle Freiheiten und Frechheiten ermöglichte. Ein menschenverschlingender, ein urgewaltiger Baal, eine grandiose Inszenierung, die ich noch fünf- oder sechsmal sah.
Die letzte Vorstellung im Schauspielhaus vergesse ich nicht. 14. Juni 2003, „Noch ist Polen nicht verloren“, das Schauspielhaus schon. Politiker aus Stadt und Land waren ausgeladen, das Ensemble wollte es so. Die langjährigen Schauspieler Karl-Heinz Krause und Matthias Winde sprachen von einem „unsäglichen und kurzfristigen Beschluss“ des Erfurter Stadtrates, das Schauspielhaus zu schließen. Das Ensemble (bis auf die Unkündbaren) wurde aufgelöst. Erfurt erhielt das Etikett verpaßt „Erste Landeshauptstadt in Deutschland ohne eigenes Sprechtheater“.
Und 2014? Kultur flaniert! am kommenden Sonnabend, 19. Juli 2014, auch zum Erfurter Schauspielhaus. Um diesen Ort wieder zu beleben, zu besetzen, ihn ins öffentliche Bewußtsein der Bürger und der Stadt zurück zu holen. Und um möglicherweise und hoffentlich für Kreative, Künstler, Kulturmacher einen lebendigen Ort zu schaffen, der Erfurt lebenswerter macht für junge und ältere Bürger, für Familien und überhaupt für alle, die noch träumen und sich was trauen. Das Kulturquartier Erfurt e. V. hat gute Ideen dafür, ich mache mit.