Koalitionsvertrag #r2g

Wünsch dir was und schwarze Null

Schweres Stück Arbeit, der Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün in Thüringen. Schwere Lektüre, weil inhaltlich vieles abstrakt bleibt und sprachlich …, na ja. Überraschend, weil am Ende, auf Seite 99 des Vertrages, der entscheidende Satz steht.

Im vorletzten Kapitel, Nr. 13, „Nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik“ steht die Kernaussage: „Der Koalitionsvertrag beschreibt in den Themengebieten die angestrebten und gewünschten Entwicklungen für den Freistaat Thüringen.“ Das ist des Pudels Kern. Angestrebt und gewünscht. Oder, ich interpretiere das mal frei, wünschen darf sich jeder was. Ob es so kommt, ist völlig offen.

Wo bleibt sie denn, die Koalition r2g?
Wo bleibt sie denn, die Koalition r2g?

Dabei müssen die Koalitionäre, was sonst, in die Landeskasse, also aufs Geld schauen. Das passiert, wenn die Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow im Amt sein sollte, was sie ja noch nicht ist. Was kostet Geld? Zum Beispiel das kostenfreie Kita-Jahr, auch wenn das aus einem vorhandenen Geldtopf finanziert werden soll. Den Kommunen wird mehr Geld versprochen, ein dreistelliger Millionenbetrag. Den freien Schulen wird mehr Geld versprochen, 10 Millionen pro Jahr.

Noch für andere Projekte wird mehr Landesknete versprochen: Nahverkehr, Umwelt, Erinnerungskultur etc. Die konkrete Liste mit allen Projekten und Empfängern, mit Summen und Datum – das wäre eine Fleißaufgabe für meine festangestellten Kollegen. Datenjournalismus heißt das heute.

Eine mögliche Koalitionsregierung Rot-Rot-Grün hat auch Projekte verabredet, die kein Geld kosten. Zum Beispiel das Kommunalwahlalter auf 16 Jahre zu senken. Oder den Dialog mit Bürgern permanent führen (irgendwann muss auch entschieden werden). Oder für mehr Transparenz im Regierungs- und Verwaltungshandeln zu sorgen. Auch hier könnte von fleißigen Journalisten mal eine Liste aufgestellt werden.

Im Koalitionsvertrag findet sich noch ein so eindeutig formulierter Satz, der grundsätzlich Bedeutung hat. Auf Seite 101 steht: „Im Hinblick auf den absinkenden Gesamthaushalt soll die Investitionsquote erhöht werden.“ Hoppla! Sinkender Haushalt und trotzdem mehr investieren. Bodo Ramelow nannte letzten Dienstag vor Studierenden der Uni und der FH Erfurt eine Zahl. Pro Jahr rechnet er mit 100 Millionen Euro weniger im Landeshaushalt. Ich erinnere mich ganz entfernt an meinen Mathe-Unterricht, das nennt man wohl eine Extremwertaufgabe.

Gebetsmühlenartig wiederholen alle drei Koalitionäre: Die schwarze Null steht im Landeshaushalt. Im Koalitionsvertrag steht, „Landeshaushalte ohne Nettokreditaufnahme“ und „keine neuen Schulden aufnehmen“ und „Schuldentilgung soll fortgesetzt werden“. Das müsste doch die allseits besorgte Finanz- und Wirtschaftslobby im Thüringer Ländle, ja sogar den schwarzen Finanzpolitiker und ersten Lautsprecher der künftigen Oppositionspartei CDU, Mike Mohring, freuen.

Da sind die Chefs von Rot-Rot-Grün und plaudern über den Koalitionsvertrag "Wünsch dir was". Fotos: mip
Da sind die Chefs von Rot-Rot-Grün und plaudern über den Koalitionsvertrag „Wünsch dir was“. Fotos: mip

Kapitel 14, das sind die letzten Seiten, regelt die „Grundsätze der Zusammenarbeit“. Die Koalitionäre erfinden ein neues hohes Regierungsamt. Nach dem Ministerpräsidenten (Die Linke) und seinem Stellvertreter (SPD) gibt es künftig einen „vom Ministerpräsidenten als Vertreter bestimmten Minister (Bündnis 90/Die Grünen).“ Upps. Das ist doch mal ´ne Idee: Regierungs-Chef, Stellvertreter, bestimmter Minister. Und wenn´s ´ne grüne Frau wird?

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