#r2g Thüringen

Kulturressort in Staatskanzlei?

Wir haben gezwitschert und Bodo Ramelow bestätigte: Das Kulturessort plus Medien soll künftig in die Thüringer Staatskanzlei integriert werden. Ein Zwischenruf.

Das Politikfeld Kultur wurde in Sondierungen oder wird ab morgen, in Koalitionsverhandlungen, irgendwo unter Sonstiges abgehandelt. Jedenfalls gewinne ich den Eindruck, wenn ich Informationen, Spekulationen und Medien-Berichterstattung der letzten Tage verfolge.

Zur Sache. In einem langen Bericht der Tageszeitung Thüringer Allgemeine vom 23. Oktober 2014 steht ein kurzer Halbsatz, dass „die Kulturpolitik in der Staatskanzlei“ angesiedelt wird. Ramelow habe alle möglichen Ressortkombinationen durchrechnen lassen, schreibt TA-Redakteur Martin Debes, der nahe dran ist am Geschehen.

Bodo Ramelow zwitschert zurück: Kulturpolitik künftig in Staatskanzlei.
Bodo Ramelow zwitschert zurück: Kulturressort künftig in Staatskanzlei.

Huch, wie war ich erschrocken. Andere aus der PolitikKulturSzene auch, die ich traf und daraufhin ansprach. Erstmal ein diffuses Gefühl, Kultur verschwindet in der Staatskanzlei. Dann: Kultur wird an die kurze politische Leine des MP, steht für Ministerpräsident, gelegt. Wie ist das künftig mit der Außenwahrnehmung und Außendarstellung, wenn es keinen KULTURminister in einem KULTURministerium mehr gibt? Na ja, Kultur ist ein politisches Nischenthema für #r2g, wie sich die Dreierkoalition selbst nennt.

Oder doch nicht? In einem nach den Sondierungen veröffentlichten Papier stehen mehr oder weniger konkrete Absichtserklärungen in Sachen Kultur. Schauen wir mal genauer hin.

„Thüringen setzt auf Kultur“ ist auf der Internetseite der Partei Die Linke zu lesen. Dann folgen drei Punkte. (Anmerkung: es sind vier Punkte, weil Die Linke eine gekürzte Fassung, SPD und B90/Grüne offenbar die ganze Vereinbarung ins Netz gestellt haben.)

 „Alle Thüringer Theater und Orchester erhalten eine Bestandsgarantie.“

Da werden sich die 13 Thüringer Theater und Orchester inklusive des Thüringer Staatsballetts (ja, das gibt es auch noch) freuen, die bis 2016 vertraglich garantierte Landesknete in Höhe von jährlich über 60 Millionen Euro bekommen. Die Träger geben noch mal mehr als 40 Millionen Euro hinzu. Für den künftigen 100-Millionen-Euro-Vertrag (jährlich!) gibt es also, vorab, so etwas wie eine Staatsgarantie. Zumindest von Landesseite über mehr als 60 Millionen Euro jährlich bzw. mindestens 300 Millionen Euro in fünf Jahren.

Staatsgarantien für Thüringer Theater, Orchester und das Staatsballett in dreistelliger Millionenhöhe. Alle Fotos: mip
Staatsgarantien für Thüringer Theater, Orchester und das Staatsballett in dreistelliger Millionenhöhe. Alle Fotos: mip

Was soll ich davon halten?

Staatliche Bestandsgarantie für die Einen, die Großen, die am Lautesten lamentieren. Und für alle Anderen? Für Bibliotheken, Museen, für Bildende Kunst und Künstler, für Jugendkunst- und Musikschulen, Amateurtheater, die freie Kulturszene und noch einige mehr? Sind die weniger relevant für die Gesellschaft, weil sie sich weniger selbst inszenieren?

Zweite Ansage in Sachen Kultur:

„Wir werden darüber hinaus ein mittelfristiges Investitionsprogramm für Theater, Museen und Bibliotheken auflegen.“

Ach wie gut. Mittelfristig (was heißt das?) soll investiert werden (wie viel?) in Theater (schon wieder genannt), Museen und Bibliotheken. Die beiden Letztgenannten werden sich freuen. Viel wichtiger wäre aber, in qualifiziertes und ausreichend vorhandenes Personal zu investieren. Ein wunderbar saniertes Museum, eine exquisit modernisierte Bibliothek sind nur so viel wert, wie kompetente Menschen darin den „Laden am Laufen halten“, um das mal hemdsärmelig zu formulieren. Zum Beispiel das Volontärsprogramm des Landes für Museen, das in der Pipeline ist und über EU-Mittel mitfinanziert werden soll, das ist dringend notwendig.

Dritter Punkt Kultur:

„Der Kulturlastenausgleich, mit dem die Ausgaben für das Thüringer Kulturerbe auf breite Schultern verteilt werden, wird fortgeführt.“

Die gute Nachricht, der Kulturlastenausgleich wird fortgeführt. Was mich irritiert: Wieso ist der für das „Thüringer Kulturerbe“ bestimmt? Das war bisher, so fokussiert, nicht der Fall. Im Übrigen wäre es ganz gut, im Sinne von Transparenz, mal öffentlich abzurechnen, wofür die Städte und Landkreise die Kohle von fast zehn Millionen Euro jährlich ausgeben.

Zum Schluss spekuliere ich ein bisschen mit Eike Kellermann von der Tageszeitung Freies Wort, ein Kollege, der immer gut informiert ist. Letzte Woche informierte und spekulierte Kollege Kellermann über künftige Ministerposten und auch Staatssekretäre, ein beliebtes Spiel, das Aufmerksamkeit erregt. Er bestätigt, die Ressorts Kultur und Medien wandern in die Staatskanzlei. Ein Staatssekretär leitet das Ressort. Den stellen die Grünen, schreibt Kellermann.

Der Rest ist Schweigen.

Nee, nicht ganz.

Die Parteien verhandeln ab morgen einen Koalitionsvertrag. Ich verfolge das mit wachem Interesse auf allen medialen Kanälen. Beschlossen ist noch nichts. Ein Thüringer Ministerpräsident oder eine Ministerpräsidentin  wird voraussichtlich am 5. oder 12. Dezember gewählt. Oder auch nicht. Der Ausgang ist offen.

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