Schlechter Journalismus

Schnellschuss geht nach hinten los

„Erfurt leistet sich vor allem noch seine kulturellen Angebote“, titelt die Thüringer Allgemeine, Ausgabe Erfurt, am 2. April 2015. Na was denn sonst, was macht Erfurt lebenswert?, muss ich dazwischenrufen. Seine vielfältige Kultur!

Der Beitrag auf der Titelseite ist ein Schnellschuss, der voll nach hinten losgeht. Bei allem Respekt vor der Arbeit von Kollegen. Aber der Text von Matthias Thüsing ist einfach nur schlechter Journalismus. Schlecht recherchiert und tendenziös interpretiert. Da werden städtisches Bestattungsunternehmen und städtische Kulturbetriebe in einen Topf geworfen als „freiwillige Leistungen“. Kultureinrichtungen machen Defizite, sonst nichts. Sie kosten Geld und bringen keinen Nutzen, suggeriert der Autor.

Nutzen, das heißt für mich Lebensqualität für die Bürger und Gäste der Stadt, Begegnungen mit anderen Menschen und Kulturen, geistige Bereicherung, unbeschwertes Lachen, kulturelle Bildung, Mußestunden, die viele Menschen nicht missen möchten. Ja, es gibt einen Nutzen jenseits von Euro und Cent.

Zahlen und Fakten ohne Quellenangabe.
Zahlen und Fakten ohne Quellenangabe.

Die aufgelisteten „freiwilligen Leistungen“ und die Zuschüsse – ja woher hat Thüsing die Zahlen? Eine Quelle gibt er nicht an, das ist unseriös und unprofessionell. Die einzelnen Zahlen ergeben nicht die Gesamtsumme. Offensichtlich handelt es sich um eine Auswahl „freiwilliger Leistungen“, die der Autor hier irgendwie zusammengestellt hat.

Die Position „Theater“ gibt Thüsing mit 1.080.900 Euro in seiner Übersicht an. Welches Theater meint er, das von der Stadt gefördert wird? In einer Bildunterschrift ist zu lesen: „Das Theater Erfurt wird jedes Jahr mit rund elf Millionen Euro unterstützt.“ Theater Erfurt ist konkret, die genannte Summe weicht erheblich von der in der Tabelle ab.

Zahlen und Fakten überprüft?  Screenshots aus TA: mip
Zahlen und Fakten überprüft? Screenshots aus TA: mip

Werden Texte in der Thüringer Allgemeine redigiert und gegengelesen? Das muss ich doch bezweifeln. Werden Themen und Texte kritisch und selbstkritisch reflektiert? Fehler passieren im Arbeitsalltag, aber so ein hingerotzter Text ist eine journalistische Fehlleistung.

Die Thüringer Allgemeine leistet sich solchen schlechten Journalismus. Wie lange lassen sich Leser das noch gefallen? Es werden ja immer weniger, auch wegen solcher schlecht recherchierten und tendenziös interpretierten Beiträge wie diesem.

Der Beitrag aus Thüringer Allgemeine, Ausgabe Erfurt, im Internet.

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