5. Thüringer Kulturforum

Kulturvermittler mit Kompetenzen

Zwei Kulturentwicklungskonzepte für zwei Modellregionen in Thüringen liegen vor. Wie geht es jetzt weiter? Antworten suchte das 5. Thüringer Kulturforum in Arnstadt. Im Internet stehen mehr als ein Dutzend Dokumente zum Herunterladen. Auf hunderten Seiten Text mit Grafiken und Abbildungen ist der gesamte Diskussions- und Beteiligungsprozess der Kulturakteure in den Landkreisen Hildburghausen und Sonneberg (Modellregion Süd) sowie Kyffhäuserkreis und Landkreis Nordhausen (Modellregion Nord) dokumentiert. Das Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft Bonn hat im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei, Abteilung Kultur, umfangreiche Analysen erstellt, zwei Kulturkonzepte mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Was passiert damit?

Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff will Kulturförderung neu justieren.
Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff will Kulturförderung neu justieren.

Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff will die staaliche Kulturförderung in Thüringen strukturell evaluieren und neu justieren, neue Ideen, Projekte und Partnerschaften fördern. Seine Ankündigung vor den 150 Teilnehmern des Kulturforums konkretisierte er mit dem Beispiel Flüchtlinge und interkulturelle Aspekte, die stärker berücksichtigt werden sollen. Klar scheint, dass der Landeskulturhaushalt mit jährlich ca. 155 Millionen Euro nicht wachsen wird. Wenn Neues in der Kultur gefördert werden soll, wird Altes abgeschafft werden müssen. Den Gedanken sprach Hoff so nicht aus, aber bei einem konstanten Kulturhaushalt ist das der logische Schluss. Damit sind wir bei Handlungsempfehlungen für die Modellregionen, die in Arnstadt vorgestellt und diskutiert wurden. Im Süden, das ist bekannt, soll eine Museumsregion etabliert werden. 16 Museen zwischen Sonneberg und Hildburghausen haben die externen Kulturberater dafür identifiziert. Sie könnten als kultureller Zweckverband oder in anderer Form gemeinsam Themen und Projekte entwickeln und abstimmen, Werbung und Vermarktung organisieren, Depots und Restaurierung gemeinsam nutzen. Das braucht Zeit und vor allem noch viele Gespräche zwischen den vielen Beteiligten auf der politischen, administrativen und der fachlichen Ebene, den Museen.

Handlungsempfehlungen für die Modellregion Süd, vorgestellt von Kulturberater Patrick s. Föhl.
Handlungsempfehlungen für die Modellregion Süd, vorgestellt von Kulturberater Patrick S. Föhl.

Wer soll diesen Dialog organisieren, moderieren und zu Ergebnissen führen? Das Land will in jeder der beiden Modellregionen einen Kulturvermittler finanzieren, der diese Herkulesaufgabe übernehmen soll. Beraten und begleitet wird er von einem regionalen Gremium mit Akteuren aus Kultur, Politik, Verwaltung und weiteren Bereichen. Die Stellenbezeichnung Kulturvermittler umschreibt nur unzureichend die fachlichen und persönlichen Anforderungen. Er oder sie muss vor allem kommunizieren, moderieren, organisieren können, um gemeinsame Interessen der Kulturakteure zusammenzuführen. Er oder sie ist Kulturbotschafter der Region, Dolmetscher zwischen Kultur und anderen Bereichen, Mediator bei Konflikten, Ideengeber für Projekte, Fördermittelbeschaffer und noch einiges mehr. Hinzu kommen ganz menschliche Anforderungen wie Empathie, aber auch Konfliktfähigkeit, wenn es mal kracht. Gibt es solche Menschen mit solchen Eigenschaften? Das wird die nahe Zukunft zeigen. Noch in diesem Jahr sollen erste Empfehlungen aus beiden Kulturentwicklungskonzeptionen umgesetzt werden. Wenn man so will, ist der gesuchte Kulturvermittler der erste Schritt.

Workshop mit Ratschlägen zur kulturtouristischen Vermarktung, vorgestellt von Kulturberaterin Lara Buschmann. Fotos: mip
Workshop mit Ratschlägen zur kulturtouristischen Vermarktung, vorgestellt von Kulturberaterin Lara Buschmann. Fotos: mip

Das Kulturforum diskutierte in sechs Arbeitsgruppen eine Reihe weiterer Empfehlungen. Wie kann Kultur künftig anders gefördert werden? Zum Beispiel über regionale Kulturfonds, die im Umlageverfahren Geld einsammeln, um neue  Ideen und Projekte zu fördern. Wie können Kulturakteure und Kulturtouristiker in der Region und darüber hinaus besser kooperieren? Offen aufeinander zugehen, kulturelle Themenvorschläge den Touristikern machen. In Sachen kultureller Bildung ist Thüringen, sind die Regionen gut aufgestellt. Hier existieren Strukturen, Programme und Angebote, die noch besser bekanntgemacht und vernetzt werden können. „Kultur muss unternehmerischer werden.“ Diese Aufforderung fiel in der Abschlusspräsentation eher nebenbei. Im doppelten Sinne könnte das für die Kulturakteure bedeuten, noch mehr und ungewöhnliche Ideen zu entwickeln und, wo möglich, kommerziell zu verwerten. Der Dialog zwischen Kulturpolitikern und Kulturakteuren soll fortgesetzt werden mit Betonung auf Dialog, also Austausch auch unterschiedlicher Positionen. Denn das fehlte irgendwie in Arnstadt. Verteilungskämpfe zwischen den Kulturbereichen und Institutionen bei konstanter, aber real sinkender Kulturförderung sind vorhersehbar. Die großen Theater und Orchester, beim Kulturforum nicht präsent, verhandeln gerade mit dem Land über neue Verträge und dreistellige Millionenbeträge an staatlicher Förderung. Aber das ist eine neue Geschichte.

Der Beitrag erschien am 20.04.2015 im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort.

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