Es wird höchste Zeit, neue Tatsachen zu schaffen. Gestern Nachmittag erfolgte der symbolische Spatenstich für das Neue Bauhausmuseum in Weimar.
Vier Spaten für fünf Männer. Der aktuelle Thüringer Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff teilte sich das Gerät und die Aufmerksamkeit mit seinem Vorgänger Christoph Matschie.
Der Museumsneubau entsteht zwischen dem Weimarhallenpark und dem ehemaligen Gauforum an einem städtebaulich sensiblen und historisch aufgeladenen Ort im Stadtzentrum von Weimar. Nur drei Jahre bleiben Zeit bis zum jetzt avisierten Eröffnungstermin Ende 2018. Das sind dann gerade mal noch 100 Tage bis zum 100. Geburtstag des historischen Bauhauses.
Der Architekt Walter Gropius gründete das Staatliche Bauhaus Weimar am 1. April 1919. Es gilt als die weltweit bedeutendste Kunst- und Designschule des 20. Jahrhunderts, als Avantgarde, die eng mit den politischen,sozialökonomischen und kulturellen Entwicklungen in der Zeit der Weimarer Republik verbunden war. Das Bauhaus wurde 1925 aus Weimar vertrieben, etablierte sich in Dessau bis 1932, erlebte in Berlin 1932/33 seinen Niedergang und die Schließung aus politischen Gründen.
In allen drei Städten entstehen neue Bauhausmuseen. In Berlin wird das noch von Walter Gropius entworfene und 1979 eröffnete Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, generalsaniert, ein gläserner Erweiterungsneubau kommt hinzu, Kosten insgesamt 56,2 Millionen Euro. In Dessau wird in ähnlichen Dimensionen wie in Weimar neu gebaut. Hier ist noch offen, welcher der beiden Siegerentwürfe umgesetzt werden soll.
Die erste Idee für einen Museumsneubau für das Weimarer Bauhaus stammt aus dem Jahr 2003, damals öffentlich formuliert von Helmut Seemann, dem Präsidenten der Klassik Stiftung. Im Sommer 2008 beschloss der Stiftungsrat einen Masterplan 2008 bis 2017 mit einem Investitionsprogramm von 150 Millionen Euro, finanziert von Bund, Land, über Drittmittel, Spenden und Sponsoring. Darin enthalten ist der Neubau eines Bauhaus-Museums für 22,6 Millionen Euro. Die Eröffnung war geplant für Dezember 2014. Aber das ist Schnee von gestern.
Was folgte waren Konflikte um den Standort des Museumsneubaus. Die drei Zuwendungsgeber Bund, Land und Stadt Weimar stritten immer mal wieder um Ausschreibungen, Planungen, Vorfinanzierung und bürokratische Abläufe. Den internationalen Architektenwettbewerb gewann 2012 das renommierte Büro von Prof. Heike Hanada mit Prof. Benedict Tonon. Die Jury lobte den minimalistischen Kubus als starken Solitär, „aus einem steinernen Sockel wächst der gläserne Block als monolithische Raumskulptur.“ Das geplante Wasserbecken vor dem Museum wird nicht entstehen. Das kritisierte die Architektin Heike Hanada erst vor wenigen Wochen, genauso wie manche öffentlichen Diskussionen in Weimar, die „unter der Gürtellinie“ geführt werden. Vermutlich werden auch andere funktionale, architektonische und gestalterische Details des Siegerentwurfs nicht umgesetzt. Denn die Bausumme ist gedeckelt, Kostenentwicklung und Inflation sind seit dem Masterplan 2008 bzw. dem Architektenwettbewerb 2012 gestiegen.
Neue Konflikte um das neue Bauhausmuseum in Weimar können sich alle Beteiligten nicht mehr leisten. Weder Bund, Land und die Stadt Weimar, auch nicht jene Minderheit von Bürgenr, die seit Jahren gegen den Neubau protestieren und sich gestern lautstark artikulierten. Das hat leider Tradition in Weimar, gegen moderne Architektur, Kunst und Gedanken zu Felde zu ziehen.
So pathetisch das klingen mag: Die Welt schaut auf Weimar und das neue Bauhausmuseum, das pünktlich zum 100. Geburtstag seine Besucher empfangen muss. „Am Ende werden wir alle glücklich sein, wenn das Museum steht“, rief gestern euphorisch der Weimarer Oberbürgermeister Stefan Wolf in die Menge. Das Baugeschehen wird seit gestern für die nächsten drei Jahre permanent über eine Webcam öffentlich dokumentiert. Jede Minute steht ein neues Bild im Internet.
Der Beitrag wurde zuerst im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort veröffentlicht.