Das komplette Deutsche Nationaltheater zieht in Weimar in eine Interimsspielstätte um. Für die nächste Spielzeit sind 19 Premieren, 13 Konzerte, etliche Gastspiele und Gäste angekündigt. Generalintendant Hasko Weber macht Bau- und andere Pläne.
Noch vier Wochen, dann wird in der Redoute am Rande des Ettersberges Theater gespielt. Die Interimsspielstätte, einst sowjetisches Offizierskasino, ist für eine Millionensumme spielfähig gemacht worden. Bis Oktober 2016 wird der Orchestergraben im großen Haus am Theaterplatz saniert, mehr Platz geschaffen für die Weimarische Staatskapelle. Die Musiker spielen am 5. November in großer Besetzung im erweiterten Graben im großen Haus die Premiere von Richard Wagners „Meistersinger“. Sie stemmen das gemeinsam mit dem Theater Erfurt, die einzige echte Kooperation mit den Nachbarn in der neuen Spielzeit.
Im Musiktheater verspricht Operndirektor Hans-Georg Wagner mit „Die Italienerin in Algier“ von Rossini eine komisch verrückte Oper mit hohem Unterhaltungswert. Hinzu kommen u. a. „Lulu“, „Otello“ und „Fidelio“ mit dem Opernregiedebüt von Hasko Weber. Der neue Generalmusikdirektor Kirill Karabits dirigiert bei seinem Antrittskonzert am 11. September 2016 Franz Liszts sinfonische Dichtung „Mazeppa“, Maurice Ravel „Sheherazade“ und „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss, stellt seine erste Spielzeit unter die Überschift „Orient – Okzident“. Unter den bekannten Gästen ist der polnische Komponist und Dirigent Krzysztof Penderecki zu nennen, mit dem die Staatskapelle zwei Jahre zusammenarbeiten wird.
Natürlich steht der einstige Theaterprinzipal Goethe auf dem Spielplan. „Du kommst wie ein reines Glück ungebeten“ überschreibt Hausregisseur Jan Neumann seine theatrale Spurensuche, inspiriert von Goethe, recherchiert aus den Quellen und dramatisiert für die Studiobühne des DNT. Familienkonflikte prägen drei Schauspielpremieren: „Rocco und seine Brüder“ nach dem berühmten Film von Visconti, „Antigone“ von Sophokles und Shakespeares „Hamlet“. Hinzu kommen weitere Premieren, u. a. George Taboris „Die Goldberg-Variationen“, sein letztes, großes Stück.
Das Kunstfest Weimar, mit dem DNT institutionell verbunden, wird vom 19. August bis 4. September 2016 ca. 30 Produktionen, vor allem auf Theaterbühnen, anbieten. Bereits gestern verriet der künstlerische Leiter Christian Holtzhauer die Kooperationen mit dem DNT, darunter zum 100. Geburtstag von Peter Weiss „Die Ästhetik des Widerstands“ in sieben Lesungen an unterschiedlichen Orten in Weimar. Das ausführliche Programm wird Ende April vorgestellt.
Das Geschäftsjahr 2015 ist wirtschaftlich positiv abgeschlossen worden, verkündete gestern die kaufmännische Geschäftsführerin Sabine Rühl. 154.000 Besucher im eigenen Haus, darunter jeder Dritte ein Schüler oder Student. Mit Gastspielen auswärts und Gästen am Haus erreichte das DNT 206.000 Besucher, ein neuer Spitzenwert. Bei den laufenden Theaterverhandlungen mit dem Land „sind alle avisierten Termine bereits verstrichen“, stellte Hasko Weber gestern fest.
Generalintendant Hasko Weber hat mit dem DNT noch viel vor: künstlerisch, gesellschaftspolitisch, mit Bauen und Sanieren. Und selbst? Er würde über seinen bis 2018 laufenden Vertrag hinaus „in Weimar sehr gern weiterarbeiten.“
Der Beitrag erschien in gekürzter Fassung zuerst im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort.