Ausstellung Ernst Hardt im Stadtmuseum Weimar
Er förderte Walter Gropius und das Weimarer Bauhaus. Er gehörte zur geistigen und künstlerischen Elite seiner Zeit. Er war ein erfolgreicher Schriftsteller, Theater- und Rundfunkintendant. Das Stadtmuseum Weimar widmet Ernst Hardt eine fulminante Sonderausstellung.
Ernst Hardt? Was? Den Namen noch nie gehört? Der Mann hatte ein bewegtes Leben. Als Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer war er überaus produktiv und erfolgreich. Als Theater- und Rundfunkintendant schrieb er Kulturgeschichte in der Weimarer Republik. Heute ist er in Weimar fast vergessen, bedauerte Stadtmuseumsdirektor Alf Rößner. Im Westdeutschen Rundfunk kennen nur wenige den Gründungsintendanten des Senders, Ernst Hardt, bemerkte der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen zur Eröffnung der Sonderausstellung. Die frühere FDP-Politikerin Cornelia Schmalz-Jacobsen erinnerte sich in Weimar an ihren Großvater Ernst Hardt als einen „strengen, alten Herrn, der konnte schöne Geschichten erzählen“, er war „ein Dichter und Zauberer“. Die beiden Laudatoren würdigten Ernst Hardt auf sehr persönliche, bewegende Weise als Rundfunkpionier und Menschen, als Dichter und Demokraten.
Ernst Hardt (1876-1947) kam1907 in die Stadt, fühlte sich angezogen vom „Neuen Weimar“, dem „Wallfahrtsort der gebildeten Welt“, verbunden mit Namen wie Harry Graf Kessler, Henry van de Velde und Elisabeth Förster-Nietzsche. Der regierende Großherzog Wilhelm Ernst förderte das neue Kunstschaffen in Weimar. Ernst Hardt unternahm schon in jungen Jahren ausgedehnte Bildungsreisen u. a. nach Griechenland, Spanien, Portugal, Marokko und Italien, etablierte sich als freier Schriftsteller, lebte vor seinem Wechsel nach Weimar in Berlin und Athen.
In Weimar begründete er endgültig seinen literarischen Ruhm als neuromantischer Schriftsteller und Bestsellerautor. Die Novelle „An den Toren des Lebens“ erreichte in 15 Auflagen stattliche 128.000 Exemplare. Für seine in mehrere Sprachen übersetzte und sehr erfolgreich aufgeführte Tristan-Geschichte „Tantris der Narr“ erhielt Hardt 1908 den hoch dotierten Schiller-Staatspreis und den Volks-Schillerpreis. Der berühmte Wiener-Burg-Schauspieler Josef Kainz lobte euphorisch die emotional-pathetische Sprache Hardts.
Legendär waren die nächtlichen Aufführungen von Hardts Einaktern „Ninon von Leclos“ und „Die Waldwiese“ 1909 und 1910 im Garten der Weimarer Familie von Nostiz. Daran erinnerten sich Jahre später noch berühmte Zuschauer in ihren Memoiren. Der sehens- und lesenswerte Ausstellungskatalog widmet sich ausführlich diesen beiden Ereignissen.
Der Schriftsteller und Autor steht im Mittelpunkt der Sonderausstellung „Ernst Hardt. Ein Weimarer Dichter schreibt Rundfunkgeschichte“ und den Lebensstationen „Neues Weimar – Deutsches Nationaltheater – Nationalversammlung – Bauhaus – Rundfunkpionier“. Die Kabinettschau versammelt sämtliche Werke und Schriften von ihm und über ihn, oft in mehreren Ausgaben und Auflagen, zum Teil mit schönenen Exlibris versehen, im künstlerisch gestalteten Handeinband aus der Bauhaus-Werkstatt, mit persönlichen Widmungen oder handschriftlichen Anmerkungen. Das ist der ganze Stolz von Direktor Alf Rößner, der mit privaten Leihgebern und Sponsoren diesen Schatz erstmals in einer Museumsausstellung vorstellen kann.
Ernst Hardt wurde am 1. Januar 1919 zum Generalintendanten des Landestheaters in Weimar berufen. Am 19. Januar 1919, dem Wahltag zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung, benannte er das Theater in Deutsches Nationaltheater Weimar um, verbunden mit einer Festaufführung von Friedrich Schillers Freiheitsdrama „Wilhelm Tell“. Eine bronzene Gedenktafel am Eingang des Theaters, entworfen von Walter Gropius, erinnert an den Tagungsort der Nationalversammlung und die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919. Ernst Hardt hatte sich vehement für Gropius als Gründungsdirektor des Weimarer Bauhauses stark gemacht.
Die Jahre 1919 bis 1925 als Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters, Förderer der Moderne und des Bauhauses kommen in der Ausstellung ein bisschen zu kurz. Da gibt es eine Hörstation u. a. mit der „Rede zur Weihe des Nationaltheaters“. Ernst Hardt inszenierte 46 Stücke, darunter Werke von Ibsen, Strindberg, Hauptmann, Kaiser und Klabund. Mit Walter Gropius verband ihn eine Freundschaft und Arbeitspartnerschaft. Rechtskonservative Kreise vertrieben 1925 das Bauhaus nach Dessau und Ernst Hardt nach Köln.
Dort amtierte er kurz als Theaterintendant, wurde 1926 auf Empfehlung von Oberbürgermeister Konrad Adenauer zum künstlerischen Leiter der neuen Westdeutschen Rundfunk AG berufen, dem Vorläufer des Westdeutschen Rundfunks. Die Weimarer Sonderausstellung erzählt und illustriert anschaulich diese erfolgreichen Aufbaujahre des sich etablierenden Massenmediums Radio. Hardt führte Hörspiele auf, u. a. von Bertolt Brecht. Zum 100. Todestag Goethes 1932 inszenierte er die Radiofassung von „Faust“, 2. Teil, die über alle deutschen Sender ausgestrahlt wurde.
Da war der Demokrat und Kosmopolit längst zum Feindbild der Nationalsozialisten geworden, die ihn 1933 aus dem Amt trieben. Er überlebte verarmt und vergessen die dunkle Zeit der NS-Diktatur, starb nach schwerer Krankheit1947 in Ichenhausen in Bayrisch Schwaben.
Gut, dass diese Ausstellung im Stadtmuseum Weimar im 100. Gründungsjahr des Bauhauses und der Weimarer Republik an Ernst Hardt erinnert.