Souverän und eigenverantwortlich

Thüringer Residenzmuseen werden künftig mit Millionen Euro gefördert. Sie bestehen darauf, souverän und eigenverantwortlich unter dem Dach der neuen Kulturstiftung Mitteldeutschland agieren zu können.

Nicht nur der Putz blättert ab. Museumseingang Schloss Elisabethenburg in Meiningen.

In einem aktuellen Positionspapier formulieren elf Museumsdirektorinnen und -direktoren ganz deutlich: „Die Souveränität und Eigenverantwortung der Museen muss oberstes Gebot sein.“ Die fünfseitige Stellungnahme zur Gründung der Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten (KMSG) sei „aus fachlicher Perspektive“ entstanden. „Wir wollen in eine strukturierte Diskussion eintreten und unsere Expertise einbringen“, sagt der Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha, Tobias Pfeifer-Helke. Er ist einer von drei Sprechern der Direktorengruppe, die aus museumsfachlicher Sicht die Gründung der KMSG begleiten will.

Zu den elf Verfassern des Papiers gehören u. a. die Direktoren der Museen Schloss Wilhelmsburg Schmalkalden, Veste Heldburg, Schlossmuseum Arnstadt, Schloss Bertholdsburg und der Meininger Museen. Das Positionspapier ist mit den unterschiedlichen Museumsträgern abgestimmt. Es ist an politische Entscheidungsträger versendet worden, u. a. an Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die Kulturminister von Sachsen-Anhalt und Thüringen, die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und die Thüringer Schlösserstiftung, die alle unmittelbar oder mittelbar an der Gründung der KMSG beteiligt sind.

Schloss Friedenstein in Gotha wird bereits saniert und soll in die neue Stiftung eingehen.

Zur Erinnerung: Der Bund und die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen beabsichtigen, die gemeinsame KMSG zu gründen, in diese die beiden Landesstiftungen „Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten“ (STSG) und „Kulturstiftung Sachsen-Anhalt“ schrittweise einzubringen. Weitere historische Liegenschaften sind im Gespräch. Darüber soll ein Staatsvertrag abgeschlossen werden. Ein erstes Sonderinvestitionsprogramm über acht Jahre zur Sanierung der Liegenschaften umfasst 400 Millionen Euro: 200 Millionen vom Bund und je 100 Millionen von den beiden Ländern. Hinzu kommen dauerhaft jährlich bis zu 60 Millionen Euro Betriebskosten, ebenfalls aufgeteilt zwischen Bund und den beiden Ländern, für Kultureinrichtungen in den historischen Liegenschaften. Das sind in Thüringen in der Regel Museen, die jetzt noch von Vereinen, Städten und Landkreisen, Zweckverbänden, und Stiftungen betrieben und zum Teil vom Freistaat Thüringen institutionell gefördert werden.

Ist da Gefahr im Verzug?
„Die Souveränität und Eigenverantwortung der Museen muss oberstes Gebot sein.“ Ist da Gefahr im Verzug? Droht mit der neuen Stiftung eine zentralistische Struktur, in der Thüringer Residenzmuseen für Besucher nicht mehr wiedererkennbar sind? Im Namen der neuen Stiftung ist der Begriff „Museum“ nicht vorgesehen. In mehr als der Hälfte der 31 Liegenschaften der Thüringer Stiftung gibt es Museen, die jährlich mehr als 500.000 Menschen besuchen. Dazu gehört das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg in Rudolstadt. Direktor Lutz Unbehaun, ebenfalls ein Sprecher der Direktorengruppe, verweist auf den „Grundkonsens“ mit seinen Kollegen: „Die unterschiedlichen Museen mit ihren vielgestaltigen Sammlungen und einmaligen Schätzen müssen für Besucher und in ihrer Region erlebbar sein.“ Die Struktur der neuen Kulturstiftung, zu der die Heidecksburg gehören soll, solle „so einfach wie möglich sein.“

Ausblick über die Veste Heldburg. Das Museum wird von einem Verein betrieben.

Konkret bedeutet das, wie ein von den Direktoren erstelltes Organigramm der neuen Stiftung deutlich macht, einen eigenständigen Thüringer Bereich mit drei hierarchisch gleichgestellten Abteilungen, darunter für Museen. Das bedeutet unter anderem, dass die Bau- und Liegenschaftsverwaltung den Nutzernforderungen der Museen und damit den Besuchern gerecht wird. Hier gab und gibt es immer wieder Interessenkonflikte zwischen den Verwaltern und Nutzern der historischen Liegenschaften. In ihrem Positionspapier betonen die Museumsdirektoren, die große Chance der neuen Stiftung und der Finanzierung für mehr und bessere Zusammenarbeit nutzen zu wollen. Das betrifft Wissenschaftler, Kulturvermittler, Restauratoren etc. in den Museen, die mit den anderen Häusern zusammenarbeiten sollen. Zentralisiert werden sollten Aufgaben wie Personalentwicklung und Nachwuchsförderung, moderne Kommunikation und gemeinsames Marketing, Digitalisierung und Provenzienzforschung.

Zunächst politische Weichen stellen
Der Thüringer Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) erklärt, dass er „mit den Grundaussagen des Papiers übereinstimme.“ Die von den Museumsdirektoren formulierten Erwartungen „sollen Leitplanken in den Verhandlungen sein“. Das ist eine gute Nachricht und vermutlich einfacher gesagt, als in den Verhandlungen mit dem Bund und mit Sachsen-Anhalt durchzusetzen. Denn es gilt der Grundsatz, wer Geld gibt, will mitbestimmen, wofür es ausgegeben wird. Bevor die Fachfragen im Interesse der Museen geklärt werden, müssen politische Weichen gestellt und komplizierte juristische Probleme (bisherige Trägerstrukturen und Eigentumsverhältnisse) gelöst werden. Dazu gehört vor allem der Staatsvertrag, der im Thüringer Landtag unter den neuen politischen Verhältnissen eine Mehrheit braucht. Bis zum 1. März muss die amtierende Landesregierung dem „neuen“ Landtag über den aktuellen Prozess zur Gründung der Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten berichten, hatte noch der „alte“ Landtag beschlossen. Die Gründung der KMSG bleibt brisant und spannend.

Der Text erschien zuerst online (Paywall) und gedruckt in der Tageszeitung Freies Wort.
Alle Archivfotos und Screenshot: miplotex

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