Fass ohne Boden? Kreative „Spielwiese“ für …, ja für wen? Vor allem: für was? Ein Pop-Up-Museum, wahlweise auch Ausstellungshalle oder Idee genannt, soll in der Defensionskaserne auf dem Petersberg in Erfurt entstehen.

Möglichst bald soll was passieren. Weil der Mietvertrag schon läuft. 100.000 Euro zahlt die Stadt jetzt schon jährlich für knapp 600 m² leere Räume. Licht soll für 250.000 Euro installiert werden. Was fehlt noch an Ausstattung? Was kostet das? Betreiberkosten werden mit 450.000 Euro jährlich kalkuliert.
Bei der Debatte zwischen Erfurter Bürgern, Künstlern, Experten, Kulturliebhabern und vor allem Menschen aus dem Stadtrat und der Stadtverwaltung flogen nur so die verbalen Fetzen. Als Erfurter Bürger habe ich meine Zustimmung formuliert. Dafür, das Projekt „Pop-up-Irgendwas“ sofort stoppen. Hier wird Steuergeld planlos, konzeptlos, sinnlos verbrannt. Hier werden Ressourcen gebunden, die anderswo fehlen.
Ernsthaft: Bestehende Museen müssen gestärkt werden, müssen besucher- und nutzer- freundlicher werden. W-Lan in den Museen wie in der Bibliothek am Domplatz. Eine Besucherjahreskarte für städtische Museen und Ausstellungshallen. Nehmt euch ein Beispiel an Weimar. Dort kostet die Jahreskarte für alle Museen der Klassik Stiftung normal 49 Euro für alle Dauer- und Sonderausstellungen inklusive Führungen und weitere Vermittlungsangebote.

Vor allem: In der Erfurter Stadtkultur ist nicht im Ansatz zu erkennen, was in den nächsten Jahren Priorität haben sollte. Doch, schon. Der Theatervertrag vom Dezember 2023 zwischen Land und Stadt, Laufzeit von 2025 bis 2032, wird aus dem Stadthaushalt mit ca. 120 Millionen Euro finanziert. Macht durchschnittlich 15 Millionen im Jahr. Das wirkt sich auf den „Rest von Kultur“ in Erfurt aus.
Prioritäten für den Museumsbereich: Erstens ein Zentraldepot, ist dringend nötig. Zweitens das Naturkundemuseum sanieren und entwickeln. Drittens, gefragt: Brauchen wir ein Welterbezentrum? Oder moderne, digitale Vermittlungsangebote für alle drei jüdischen Welterbe-Orte? Das Steinerne Haus ist für Besucher nicht zugänglich, die Mikwe nur zeitweilig, die Alte Synagoge regelmäßig geöffnet.
Was noch im Museums- und Ausstellungsbereich? Das Kulturhistorische Museum für Erfurt wird kommen. Da bin ich mir sicher. Wann wird das Museum Neue Mühle geöffnet? Die Zukunft des Areals Barfüßerkirche und Hoher Chor sowie des Volkskundemuseums? Das Margarethe-Reichardt-Haus in Erfurt-Bischleben (Bauhaus-Ikone) viel mehr ins öffentliche Bewusstsein heben. Überhaupt sollte mehr mit den eigenen Museumsbeständen gearbeitet, die Museumsschätze öffentlich präsentiert werden, gern auch digital.

Zur Debatte am Donnerstag Abend in der Defensionskaserne. 50 Stühle für 100 Menschen. Erfurts OB Horn überrascht. Kulturdirektor Horn produziert auch dort jede Menge „heiße Luft“. Auf konkrete Fragen keine oder Wischi-Waschi-Antworten. Alt-OB Manfred Ruge prophezeit, das Pop-Up „wird ein Fass ohne Boden“. Er ist strikt dagegen, schlägt vor, die städtische Galerie Waidspeicher in der Erfurter Altstadt für ein Pop-Up zu entwickeln. Ist ´ne gute Idee, meine ich.
Details aus der Debatte: Kuratorische Kompetenz fordert ein Museumsexperte. Ein mittelalter Künstler beklagt mangelnde Wertschätzung seiner Arbeit. Ein anderer Künstler findet die Pop-Up-Ausstellungshalle ungeeignet. Ein älterer Künstler formuliert seinen Frust in Richtung Kulturdirektion. Ein Kunstmanager fragt nach den Konditionen für 3 Monate Ausstellung, Workshop, Angebote an Bürger. Kulturdirektor Horns Antwort ist unbefriedigend. Alles Momentaufnahmen, hier unvollständig.

Zum Schluss wird abgestimmt. Mehr rote als grüne Karten, mehr Ablehnung als Zustimmung. Weiter geht’s im Stadtratsausschuss für Kultur und Theatertransformation und im Stadtrat. Ich hoffe, das Projekt „Pop-Up-Irgendwas“ wird endlich gestoppt.