War da was? Kommt da was? Das Theater Erfurt ist ins Gerede gekommen. Skandal und so was. Die Stadtverwaltung hat einen „Handlungsleitfaden“ fürs Theater aufschreiben lassen und veröffentlicht. Interessiert das noch irgendwen?
Seit 11. April stehen „Strukturziele Theater Erfurt – Richtungsentscheidungen Theatertransformation“ im Internet, 6 Dateien, mehr als 200 Druckseiten, öffentlich zugänglich. Medienberichte dazu gibt es bislang nicht. Stadtverwaltung und Stadtratsfraktionen denken auch nicht daran, Öffentlichkeit und Stadtgesellschaft zu informieren. Sind ja schließlich Osterferien.

Zu den Fakten. Die Stadtverwaltung veröffentlicht einen „Handlungsleitfaden betreffend die künftige organisatorische Ausgestaltung des Theaterbetriebes der Landeshauptstadt Erfurt“ von PwC Legal, von Juristen und Beratern. Sie erstellen seit Ende 2023 wiederholt für die Stadt Gutachten über das Theater, die bisher alle nicht veröffentlicht worden sind. Sie untersuchen und bewerten den im Oktober 2023 öffentlich gewordenen „Theaterskandal“. Als eine Folge wurden Generalintendant und Verwaltungsdirektorin entlassen bzw. abgelöst.
Die Stadtverwaltung legt dem Stadtrat einen „Beschlussvorschlag“ mit dem „Handlungsleitfaden“ als Kern vor. Ende April und Anfang Mai soll das in den zuständigen Ausschüssen und im Stadtrat diskutiert und verabschiedet werden. Das wird vermutlich, wie bisher, teils öffentlich, vor allem aber nicht öffentlich geschehen. Stadtverwaltung, Stadtrat und Ausschüsse scheuen die Öffentlichkeit. Alles soll jetzt ganz schnell gehen.
Vor allem geht es darum, einen künstlerischen Werkleiter (Intendanten) und einen kaufmännischen Werkleiter (oder Werkleiterinnen) zu finden als Nachfolge für die derzeitige Interimswerkleitung. Die Ausschreibung soll bis zum Sommer 2025 erfolgen, eine Auswahlkommission gebildet werden. Die Eigenbetriebssatzung des Theaters soll bis Ende 2025 grundlegend überarbeitet werden. Neu und brisant der Vorschlag von PwC: Der Stadtrat soll „Eigentümerziele“ beschließen, um mehr direkten Zugriff auf künstlerische und wirtschaftliche Ziele des Theaters zu bekommen.
Der „Beschlussvorschlag“ lobt den Bürgerbeteiligungsprozess mit 4 öffentlichen Veranstaltungen. Das ist schon eine Weile her, 2022 und 2023, also vor Bekanntwerden der „öffentlichen Vorwürfe von Machtmissbrauch, sexuellen Übergriffen und organisatorischer wie wirtschaftlicher Fehlsteuerung des Theaters“, wie das im schönsten Rathaus-Deutsch heißt.

Im „Beschlussvorschlag“ wird behauptet, dass „die Geschehnisse am Theater“ durch das städtische Rechnungsprüfungsamt und externe Prüfer „eingehend und ausführlich untersucht“ worden sind. Über Ergebnisse wurde im zuständigen Ausschuss berichtet, Stadtratsmitglieder konnten entsprechende Gutachten einsehen. Dazu angemerkt: Das geschah und geschieht bisher weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. In öffentlichen Sitzungen von Ausschüssen und des Stadtrates sind Ergebnisse über die „Geschehnisse am Theater“ nicht oder nur ansatzweise vorgestellt und debattiert worden. Anwesende Journalisten wurden oft nach wenigen Sitzungsminuten aus dem Saal verwiesen. Der „Skandal“ wird weiterhin durch Stadtverwaltung und Stadtrat nicht öffentlich aufgeklärt. Von (politischen) Konsequenzen ganz zu schweigen.
Die aktuellen Fakten kurz zusammengefasst. Das Theater Erfurt sucht 2 neue Werkleiter, ein nachgeordnetes Leitungsteam ist möglich. Die Rechtsform Eigenbetrieb bleibt bestehen. „Durchgriffsmöglichkeiten“ von Stadtverwaltung, Stadtrat und Ausschüssen auf das Theater sollen erweitert bzw. ermöglich werden. Ausführlicher dazu im „Handlungsleitfaden“ von PwC. Ach ja, eine neue Sparte Schauspiel ist möglich, aber nicht wahrscheinlich, weil zu teuer. Vor allem geht es darum, das Theater wirtschaftlich und strukturell weiter zu entwickeln, erst danach kommt die künstlerische Profilierung.
Nebenbei: Ein neues Gutachten von PwC „Rechtliche Begutachtung betreffend die Aufarbeitung der Vorfälle am Theater Erfurt“ vom 13.12.2024 bleibt unter Verschluss. Es soll nach dem angestrebten Grundsatzbeschluss des Stadtrates am 7. Mai zur Zukunft des Theaters Erfurt erst am 8. Mai in einer vermutlich nicht öffentlichen Sitzung des Werkausschusses Theater besprochen werden.

Alles klar? Nix ist klar in dieser unübersichtlichen Gemengelage. Gespannt bin ich auf die Sitzungen der Ausschüsse und des Stadtrates. Mal schauen, wie viel Öffentlichkeit zugelassen wird. Und ob es überhaupt noch ein öffentliches Interesse von Medien und Stadtgesellschaft, von Theaterfreunden und Theaterkritikern an dem hochkomplexen und komplizierten „Theaterskandal“ gibt.