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„Keine öffentliche Unterrichtung“

Der neue Kulturminister Thüringens traf sich erstmals mit der Spitze des Kulturrates Thüringen zum Gespräch. Und hinterher gab’s nichts zu sagen.

Das verkündeten beide Seiten schon einen Tag vor dem Gespräch. Sie redeten gestern in der Thüringer Staatskanzlei in Erfurt mehr als zwei Stunden miteinander: Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff, seine Staatssekretärin Babette Winter, Abteilungsleiterin Elke Harjes-Ecker mit Eckhart Lange, Präsident, Lutz Unbehaun, Vizepräsident und Jörg Dietrich, Geschäftsführer des Kulturrates Thüringen. So viel zum Protokoll.

Aufgetaucht, seitdem abgetaucht. Kulturpodium am 17.12.2014 mit Minister Hoff und Staatssekretärin Winter (beide links).
Aufgetaucht, seitdem abgetaucht. Kulturpodium am 17.12.2014 mit Minister Hoff und Staatssekretärin Winter (beide links). Fotos: mip

Kulturpolitik ist in Thüringen bisher kein öffentlich wahrnehmbares Thema, obwohl Ministerpräsident Ramelow von „Chefsache“ spricht. Das „Kulturland Thüringen“ wird ja so gern von Politkern in Sonn-, Feiertags- und Festreden im Munde geführt. Der Alltag, Konflikte und Konfliktpotenziale werden da gerne ausgeblendet. Sei´s drum.

Zwei Gesprächsteilnehmer haben nach dem kulturpolitischen Spitzentreffen hinterher geplaudert, obwohl das vorher nicht vorgesehen war. Lutz Unbehaun sprach vorsichtig „von einem Kennenlernen und Austausch von Positionen und Meinungen über die Kulturlandschaft Thüringen.“ Das unvermeidliche Thema Kulturfinanzierung durch das Land kam auf den Tisch. Minister Hoff habe von „Gestaltung und Konsolidierung“ gesprochen, was immer das heißen mag.

Auf einer Podiumsdiskussion Mitte Dezember 2014 im Theater Erfurt hatte Minister Hoff davon gesprochen, die öffentliche Kulturförderung des Landes zu stabilisieren. Im Klartext heißt das wohl: die 155 Millionen Euro Landesförderung aus dem Jahr 2014 sind die Obergrenze für 2015. Und im Doppelhaushalt 2016/2017 und die Folgejahre werden die Karten in Sachen Kulturfinanzierung durch das Land neu gemischt.

Das ließ gestern der Geschäftsführer des Kulturrates Thüringen, Jörg Dietrich, durchblicken. Diesen Eindruck hätte er aus dem Gespräch mitgenommen. Er hoffe, dass „die Scharnierfunktion der Thüringer Staatskanzlei“, deren Chef Minister Hoff ist, sich positiv auf die Kulturpolitik und -finanzierung auswirken werde. Unbehaun und Dietrich bestätigten, dass es erste Gespräche zwischen den Theatern und deren Trägern mit der Landesregierung über die Theaterfinanzierung gebe. Die Theater und Orchester in Thüringen erhalten bisher fast jeden zweiten Euro aus dem Landeskulturhaushalt. Und sie erhielten bisher langjährige Verträge mit festen Finanzzusagen des Landes. Andere Kulturinstitutionen müssen jedes Jahr neu verhandeln, sich evaluieren lassen, Auflagen erfüllen und dann abwarten, ob und wie sie vom Land gefördert werden.

Andere Themen des gestrigen Gespräches betrafen das Projektmanagerprogramm des Landes, die Willkommenskultur in Thüringen sowie die kulturelle Bildung. Zu deren Perspektiven ist ein Podiumsgespräch Mitte Februar in Erfurt angekündigt, u. a. mit den Ministern Hoff und Klaubert, den drei kulturpolitischen Sprechern von Linken, Grünen und CDU sowie Ex-Minister Christoph Matschie, der jetzt einfaches Landtagsmitglied ist. Das könnte spannend werden.

Atmosphärisch war das gestern ein gutes Gespräch, sagten übereinstimmend Lutz Unbehaun und Jörg Dietrich für den Kulturrat. Die Thüringer Staatskanzlei, zu deren Geschäftsbereich die Kulturpolitik seit dem Regierungswechsel ja gehört, hatte bereits vorab durch Regierungssprecher Alexander Fischer mitgeteilt, über das Arbeitsgespräch sei „keine öffentliche Unterrichtung“ geplant. Transparente Politikvermittlung sieht anders aus.

Der Beitrag erschien zuerst am 05.02.2015 im Feuilleton in der Tageszeitung Freies Wort Suhl.

Kommentare zu “„Keine öffentliche Unterrichtung“”

  1. Wie sieht es bei dem neuen Kulturminister aus, wenn es um Musik im MDR Radio Thüringen geht, ich habe schon viele Briefe an die vergangene Regierung und an den Sender geschrieben, aber es werden nach wie vor fast nur englischsprachige Lieder gespielt, warum? Ich hoffe dazu vom neuen Verantwortlichen eine plausible Erklärung zu
    bekommen.
    Mit freundlichen Grüßen Siegfried Kollatz Erfurt.

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