Millionen Defizit! Verantwortung los? Alles nur Theater?

Die Drucksache der Stadtverwaltung Erfurt besitzt Sprengkraft. Der Eigenbetrieb Theater Erfurt hat im Jahr 2023 genau 3.961.349,35 Euro Verlust gemacht. Der damalige Oberbürgermeister Andreas Bausewein als politisch Verantwortlicher soll dennoch entlastet werden. Die damalige Werkleitung, Guy Montavon und Angela Klepp-Pallas, soll nicht entlastet werden.

Theater Erfurt im Rathaus von Erfurt. Es geht um ein Millionen-Defizit.

Am Mittwoch Abend, 29. Januar 2025, tagt der Werkausschuss Theater im Rathaus von Erfurt, zunächst in öffentlicher Sitzung. Vielleicht sitzen Journalisten und andere Interessierte auch im Ratsaal. Mal schauen, wie lange die Verwaltung und der Ausschuss Transparenz und Öffentlichkeit wollen und aushalten.

Über ein Millionen-Defizit im Zusammenhang mit dem Erfurter Theaterskandal habe ich vor 10 Monaten ausführlich berichtet. Hier geht es um die aktuellen, dürren Fakten aus einem vor 12 Tagen im Internet veröffentlichten 3-Seiten-Papier des neuen Oberbürgermeisters Andreas Horn.

Geplantes Millionen-Defizit dreimal so hoch

Die Bilanzsumme des Theaters Erfurt beträgt für das Jahr 2023 rund 21,4 Millionen Euro. Eine Menge Geld für ein 2-Sparten-Haus, das die Stadt Erfurt mit rund 12 Mio und der Freistaat Thüringen mit ca. 9 Mio Euro Steuergeld fördern. Der Jahresfehlbetrag von ca. 4 Mio Euro geht vor allem auf ein Besucherdefizit bei den Domstufenfestspielen 2023 zurück. Das Theater plante mit einem Defizit von 1,253 Mio. Das finde ich merkwürdig, dass von vornherein mit einem Defizit geplant worden ist. Wer gleicht das aus? In der Drucksache steht, dass der Verlust von knapp 4 Mio Euro „mit der allgemeinen Rücklage verrechnet wird.“ Alles nur Papierkram? Wird irgendwie, irgendwo verrechnet?

Ich will Leserinnen dieses Blogs nicht langweilen. Aber in der aktuellen Satzung des Werkausschusses Theater stehen strenge Regeln, die so ein Defizit erst gar nicht zulassen. Oder der Wirtschaftsplan ist „unverzüglich zu ändern“, steht im § 15 der Satzung.

Der Werkausschuss soll den damaligen Oberbürgermeister Andreas Bausewein für diesen Jahresbericht und das Millionen-Defizit entlasten, empfiehlt in der Drucksache die Verwaltung. Blöd nur, dass der OB direkt verantwortlich ist für den Eigenbetrieb Theater. Steht im § 11 der Satzung. Laut aktueller Internetseite der Stadt Erfurt vertritt Tobias J. Knoblich den OB im Werkausschuss Theater. Ups! Der hat sich vor Wochen vom Acker gemacht und ist aus der Verantwortung geflohen. Verantwortung los, Herr Ex-OB Bausewein? Herr Staatssekretär Knoblich? Scheint so.

1,5 Mio für Montavon und Klepp-Pallas?

Noch eine Millionen-Summe taucht in dem Papier auf, die Sprengkraft besitzt. Das Theater Erfurt bildet Rückstellungen „für Gehaltszahlungen der abberufenen Werkleitung bis zum jeweiligen regulären Austrittstermin in Höhe von 1.513 TEUR.“ Jetzt wird’s dramatisch. Soll ja in einem Theater vorkommen. Der im Januar 2024 gefeuerte Generalintendant Montavon (Vertrag bis Juli 2027) und die damals abberufene Verwaltungschefin Klepp-Pallas haben also mögliche Ansprüche an die Stadt Erfurt in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. Bei angenommenen 42 Monaten Vertragslaufzeit seit Februar 2024 sind das rund 36.000 Euro Gehalt monatlich für 2 Menschen. Der viel größere Teil davon dürfte für Herrn Montavon reserviert sein.

Öffentlich und transparent?

Öffentlich? Nicht öffentlich? Dahinter tagt der Werkausschuss Theater. Fotos: Archiv miplotex

Nun bin ich sehr gespannt auf die öffentliche Sitzung des Werkausschusses Theater. Hoffentlich sehe ich im Erfurter Rathaus Kollegen von der Zeitung und vom Rundfunk. Die sind ja überlastet bis zum Geht-Nicht-Mehr.

Ich komme zur Sitzung, versprochen, liebe Werkausschuss-Mitglieder, Stadträte und Verwaltungsmenschen. Das Theater lass ich mir nicht entgehen. Bis ihr mich rausschmeißt, äh, raus bittet.

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