Die Bildhauerin Beate Debus

Was ist Maske? Was ist Gesicht?

„In den Schädel kannst du nicht reinschauen, aber ins Gesicht“, sagt Beate Debus. Das verwandelt sich, vielleicht, zur Maske, denn jeder Mensch spielt seine Rollen im privaten wie im öffentlichen Leben.

Die Bildhauerin und Grafikerin Beate Debus aus Oberalba/Rhön hat ein sehr intensives, produktives und kreatives Jahr hinter sich. In der Ausstellung „StipVisite“ in der Erfurter Galerie Waidspeicher sind gegenwärtig 40 neue Arbeiten zu sehen: Skulpturen, Reliefs, Schichtungen und Faltungen, Zeichnungen. Der künstlerische Ertrag ihres Thüringer Stipendiums für Bildende Kunst, dotiert mit 10.000 Euro, lässt den Betrachter staunen, grübeln, rätseln und frei atmen. Beate Debus, Jahrgang 1957, geht künstlerisch ihren Weg und wagt sich auf neue Pfade. Mit Erfolg.

Vom Körper zum Kopf zu „Gesicht Maske Maske Gesicht“ lautet der puristische wie poetische Titel der Ausstellung. Dabei öffnet sich ein weiter Assoziationsraum, den sie mit dem Thema Maske umreißt, schreibt der Direktor der Kunsthalle Erfurt Kai Uwe Schierz im Katalog. Diesem Assoziationsraum nähert sich Beate Debus von ganz unterschiedlichen Seiten. Anregend waren für sie die Lektüre von „Faces. Eine Geschichte des Gesichts“ von Hans Belting, viele Gespräche mit Psychologen und Freunden. Sie reflektiert, zeichnet, schneidet, faltet, sägt, modelliert, experimentiert und verwirft.

"Körpermaske", der Wächter der Ausstellung, muss noch platziert werden von Beate Debus.
„Körpermaske“, der Wächter der Ausstellung, muss noch platziert werden von Beate Debus.

Die „Körpermaske“ steht gleich im Foyer der Galerie, vielleicht so eine Art Wächter der Ausstellung. Menschenliches Maß 170 Zentimeter, aus drei Teilen und doch einem Holzstamm, innen und außen und miteinander verbunden, durchschaubar und verschlossen. Der ganze Mensch ist Maske, egal aus welcher Perspektive man blickt. Vielleicht eine Metapher für unsere inszenierte Welt, das tägliche Rollenspiel im öffentlichen Raum, die gestellten medialen Bilder, die uns überfluten.

Maske, Gesicht: Die mittelgroßen Skulpturen offenbaren und verbergen Gefühle, sind kantig, geschichtet, zerrissen, zerklüftet, miteinander verwachsen. Was ist Maske, was ist Gesicht? Beate Debus setzt farbige Akzente mit Rot, Schwarz und Weiß. Alle Skulpturen sind aus einem Holzstamm gearbeitet, der natürliche Spuren besitzt, manchmal übermalt oder retuschiert von der Künstlerin. Die Skulpturen tragen Namen, Titel, die Anstöße geben können für Assoziationen beim Betrachter.

Gesichter und Masken: kantig, bewegt, distanziert, überlappend, undurchschaubar, durchscheinend.
Gesichter und Masken: kantig, bewegt, distanziert, überlappend, undurchschaubar, durchscheinend. Fotos: mip

Nebeneinander platziert sind „Schattengesicht“, „Gesichtsmaske“ und „Maskentanz“. Die Skulpturen wachsen aus einem abstrakten Schädel, da kann ja eh keiner reinschauen, von hinten nach vorn. Da wird’s  kantig, bewegt, distanziert, überlappend, undurchschaubar, durchscheinend. Andere Gesichter und Masken: eine Sturmhaube mit Augenschlitzen, ein Helm mit herabgelassenem Visier, ein Teil einer Burka mit Netzgewebe vor den Augen. Die Reliefs wirken noch intensiver, eindringlicher auf den Betrachter, so ineinander verwoben sind die Flächen, Farben und Emotionen: „Maskenschrei“, „Doppelmaske“, „Maskenspiel“. Nur Wortverbindungen und doch öffnen sich weite Assoziationsräume.

Beate Debus überrascht mit Papierschnitten, geschichtet und gefaltet, mit Holzbeize bearbeitet. Diese künstlerische Form besitzt einen eigenen und eigenartigen Charme. So werden Schattenspiele, Wölbungen, Verschränkungen möglich, begrenzt durch Rahmen und Glas. Die Gesichter und Masken erscheinen filigraner, feiner, fließender.

Beate Debus ist in einer schöpferisch produktiven und kreativen Phase ihres Schaffens, die ihr so richtig gut tut. Sie ist öffentlich präsent, vor allem außerhalb von Thüringen. In Erfurt mit der „StipVisite“, aktuell in Frankfurt am Main in „Die Galerie“ in der Doppelausstellung „Von Schattentänzern und Schattengießern“ gemeinsam  mit Andreas Grunert. Anfang März bespielt sie auf der renommierten Kunstmesse Art Karlsruhe einen opulenten, 100 Quadratmeter großen Messestand ihrer Berliner und Dresdner Galeristen. Im Mai folgt die 6. Schweizerische Triennale  der Skulptur in Bad Ragatz, in bester Gesellschaft mit internationalen Künstlerkollegen.

Die Bildhauerin und Grafikerin Beate Debus hat sich mit ihrer Erfurter Ausstellung neu erfunden. Sie spielt eine neue Rolle im öffentlichen Leben als Künstlerin.

Ausstellung „StipVisite“
Galerie Waidspeicher
Michaelisstraße 10 | 99084 Erfurt

Noch bis 22.03.2015
geöffnet Di-So 11-18 Uhr
Katalog zur Ausstellung 8 Euro

Hier ist der ursprüngliche Text veröffentlicht. Die redaktionell bearbeitete Fassung erschien am 17.02.2015 im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort, hinter der Bezahlschranke.

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