Ärger im Alltag soll vorkommen. Ärgerlich war das Drumherum eines Konzertes beim MDR-Musiksommer im Dom zu Merseburg.
Sie können es nicht oder sie wollen es nicht können. So ein Festival wie den MDR-Musiksommer organisieren, dürfte doch keine Kunst sein. Denke ich. Denkste!
„Der Weg ins Licht“, so der Titel des Konzertes gestern Abend, beginnt finster. Im Mittelgang des Doms, der auch noch eine Baustelle ist, stehen links und rechts der Bankreihen Stühle. Harte Holzstühle. Katzenstühle, höre ich es raunen. Mit Recht. Mein Katzenstuhl kippelt auch noch. Ein rotes Sitzkissen suche und finde ich mit Hilfe meines findigen Vordermanns im Dom in einer dunklen Ecke.
Dann suche ich im Dom Verantwortliche des MDR für meinen exklusiven harten Holzstuhl. Den habe ich mit 28,40 Euro bezahlt ohne zu ahnen, wo und wie ich platziert werde. Teuerste Preisklasse selbstverständlich. Meinen Ärger überbringe ich vor Ort einer Mitarbeiterin des MDR, die mir eine schlechte Geschichte erzählt. Sie haben sich verzählt in den Bankreihen, ein Platz zu wenig, eine Eintrittskarte zuviel verkauft, also einen Stuhl in den Mittelgang gestellt. So einfach geht das. Einfach so geht das nicht, erwidere ich.
Die Dame zuckt mit den Schultern. Was ich wolle? Andere gute Plätze habe sie nicht. Eine Entschuldigung von ihr? Denkste! Ich bin ja das Übel, der motzt, denkt sie bestimmt. Gleich beginnt das Konzert. Ich lasse die Dame im finsteren Halblicht stehen und sitze. Auf dem harten Katzenstuhl im Mittelgang.
Schnell noch ein Blick ins Programmheft. Ein Zettel fliegt mir entgegen. Der bekannte Organist Ludger Rémy musste „wegen eines erlittenen Unfalls kurzfristig absagen.“ Sehr schade, Rémy habe ich schon mehrfach gehört. Dafür spielt der junge, unbekannte Michael Käppler, der bei Google nur schwer zu finden ist, aber im Dresdner Kammerchor sowieso mitsingt. Das ist ganz praktisch.
Dann steht noch auf dem fliegenden Zettel: „Die Einstudierung des Dresdner Kammerchores übernahm übrigens Olaf Katzer.“ Was soll das „übrigens“ auf dem Zettel nur bedeuten? Das wird mir am Tag darauf klar. Der Dirigent des Dresdner Kammerchores, Hans-Christoph Rademann, dirigierte vor zwei Wochen in Kloster Eberbach beim Rheingau Musik Festival (RMF) den RIAS Kammerchor und die Akademie für Alte Musik. Das Konzert, das ich dort erlebte, war ein Hochgenuss. Aber Rademann kann nicht überall gleichzeitig einstudieren und konzertieren, also beschäftigt er offenbar Assistenten, die genannt werden wollen. Und wenn es auf ´nem fliegenden Zettel ist.
Das Konzert selbst, nun ja, hat mich hin- und hergerissen. Der Dresdner Kammerchor und die Solisten sangen sehr gut. Der RIAS Kammerchor sang vor zwei Wochen in Kloster Eberbach überragend. Der Ersatzorganist im Merseburger Dom gab sich viel Mühe, vom Blatt zu spielen. Der andere Organist, der an der großen Orgel spielte, spielte kraft- und seelenlos zwei Werke von J. S. Bach. Da habe ich letzten Mittwoch in der Dorfkirche von Mühlberg beim Thüringer Orgelsommer viel Besseres gehört, beseelt und klangmächtig.
Noch was? JA. Das „falsche Dazwischenklatschen“ von Teilen der Zuhörerschaft störte Dirigent Rademann so sehr, das er mit abwehrenden Gesten für Stille sorgen musste. Das regelmäßige Abhusten und Räuspern von Teilen des Publikums während des Konzertes und in den Zwischenpausen nervte mich und sichtbar auch andere Zuhörer.
Wie wär´s, liebe Organisatoren des MDR-Musiksommers, mal mit einer klaren Ansage an solche Störer? Zum Beispiel „während des Konzertes störende Hustengeräusche zu vermeiden. Lautes Husten beeinträchtigt die Konzentration der Künstler und den Genuss der Zuhörer. Der Schalldruck eines Husters ist mit dem eines Trompetenstoßes vergleichbar und lässt sich durch den Filter eines Taschentuches erheblich reduzieren.“ Steht im Programmheft des RMF, darf abgeschrieben werden.
So, jetzt habe ich mir den Ärger von der Seele geschrieben, das ist meine Therapie. Über das trostlose Merseburg und die Gastunfreundlichkeit im Café Domherr hier kein Wort.