Zuerst Werbebotschaften. Dann die Bilder. Danach die Debatte über den Fernsehfilm „Katharina Luther“, der im Erfurter Augustinerkloster voraufgeführt wird. Fernsehpremiere ist am 22. Februar im Ersten.
Hier geht es vordergründig nicht um den Film, um die Kunst. Das bleibt einer Filmkritik vorbehalten, die noch erscheinen wird. Die Vorpremiere, eingeladen hat die Thüringer Staatskanzlei, eröffnet Ministerpräsident Bodo Ramelow mit einer Reminiszenz an den Hauptdrehort Schloss Reinhardsbrunn. Er besuchte die Filmcrew am Set und wirbt im Augustinerkloster für den Medien- und Tourismusstandort Thüringen im 500. Reformationsjahr. Hotels und Veranstaltungen seien schon gut gebucht, die nationale Ausstellung auf der Wartburg werde ein Hingucker. Damit ist der Sound für die Vorpremiere des Fernsehfilms vorgegeben. Alles ist gut.
Der Direktor des MDR-Landesfunkhauses Thüringen, Boris Lochthofen, wirbt für den Fernsehfilm, koproduziert vom MDR, und für das sehr aufwendige, multimediale MDR-Reformationsportal 500 im Internet. „Das ist der letzte Schrei“ mit 360-Grad-Bildern von Orten der Reformation und mit noch viel mehr Bildern und Botschaften. Endlich beginnt der Film.
Nur so viel. Herr Katharina Luther hat die Hosen an. Martin Luther spielt eine Hauptnebenrolle. Die Bilder, die Farben, die Filmästhetik überhaupt beeindrucken. Das macht die Podiumsdiskussion danach deutlich. Die Chefin der Thüringer Tourismus Gesellschaft, Bärbel Grönegres, spendet höchstes Werbelob, „ganz großes Kino“. Etwas kleiner formuliert Bodo Ramelow: „Ich habe die Bilder genossen.“ Ramelow redet auch über Luthers Widersprüche wie etwa seinen Judenhass, im Film ganz kurz angetippt.
Der Filmproduzent Mario Krebs von EIKON West lässt ein bisschen hinter die Kulissen blicken. Da gab es einen vorgeschalteten Wettbewerb für Produzenten. Die Reformation sollte über das Private erzählt werden, also Szenen einer Ehe mit Katharina von Bora als einer emanzipierten Frau. Ein großes Bilderpanorama wünschten sich die Fernsehsender. Für die Ausstattung konnte eine der führenden europäischen Kostümbildnerinnen verpflichtet werden. Das Filmbudget übertraf das für einen „Tatort“ immerhin um 50 Prozent. Und das noch, der Drehbuchautor musste ausgetauscht werden, weil er die Vorgaben wohl nicht adäquat umsetzte.
Irgendwie vermisste ich als Zuhörer dann doch eine klare Ansage des Produzenten oder der MDR-Redakteurin auf dem Podium, Johanna Kraus. Vielleicht so: Der Film „Katharina Luther“ ist ein Kunstwerk, Betonung liegt auf Kunst. Auch wenn es um historische Gestalten und eine historische Zäsur in der Menschheitsgeschichte geht, die Freiheit der Kunst ist der Maßstab. Das ist ein Fernsehfilm, erzählt aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts.
Da fällt nämlich auf dem Podium das Wort vom „Lutherbild“, das dieser Film vielleicht beim Publikum prägen könnte. Medial vermittelte Bilder, fiktionale wie hier oder reale wie in Fernsehnachrichten, können die Sicht von Teilen des Publikums auf die Welt, auf zeitgenössische wie historische Gestalten prägen. Weil manche (viele?) Zuschauer nicht mehr unterscheiden zwischen Kunst und Wirklichkeit, Film und Realität.
„Wir wollen und müssen ein breites Publikum ansprechen“, sagt der Produzent Mario Krebs. Er meint den Spagat zwischen Christen und Atheisten. Der Film wird hoffentlich sein Publikum finden. Er wird hoffentlich eine Diskussion auslösen über den historischen Hintergrund, die Reformation und die zeitgenössische Reflexion im Film „Katharina Luther“, der auch „Herr Katharina Luther“ heißen könnte.
Der Text erschien zuerst im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort.
Fernsehpremiere am 22.02.2017 um 20:15 Uhr im Ersten