Einen Vertragsentwurf gibt es noch nicht, aber Absichtserklärungen. Der Freistaat Thüringen will das Theater Erfurt zusätzlich fördern und finanziell entlasten. Dennoch sind Kulturpolitiker aller Erfurter Stadtratsfraktionen sehr enttäuscht.
Aktuell finanziert die Landeshauptstadt Erfurt ihr Theater aus dem Stadthaushalt mit rund 11 Millionen Euro jährlich, das sind 60 Prozent des Etats. 7,35 Millionen Euro kommen vom Land. Dieses Verhältnis werde sich prinzipiell nicht ändern, sagte Erfurts Bürgermeisterin Tamara Thierbach (Die Linke) am Donnerstag Abend in einer öffentlichen Sitzung des städtischen Kulturausschusses. Die Stadträte reagierten über alle Parteigrenzen hinweg frustriert, mit völligem Unverständnis, waren sehr enttäuscht. Beim Deutschen Nationaltheater Weimar, Staatstheater Thüringen, beträgt der Finanzierungsanteil des Landes 79 Prozent, das sind in diesem Jahr 19,14 Millionen Euro.
Kulturausschussvorsitzender Wolfgang Beese (SPD), ein streitbarer Kulturpolitiker und ehrenamtlicher Präsident der Gesellschaft der Theater- und Musikfreunde Erfurt, formulierte provokant und zugespitzt in Richtung Stadtverwaltung: „Wir können den Theatervertrag mit dem Land auch ablehnen.“ Denn der Erfurter Stadtrat, 50 ehrenamtliche Abgeordnete plus Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD), werden das letzte Wort über einen Theatervertrag sprechen, darüber abstimmen.
Erfurts Bürgermeisterin Thierbach, auch zuständig für Kultur, räumte ein, dass bisher nur vage Angebote des Landes vorliegen, das Theater Erfurt zu fördern und zu entlasten. Das Thüringer Staatsballett Gera soll künftig regelmäßig in Erfurt auftreten, das sei ohne Kosten verbunden. Die bisher durchgereichte Landesförderung von 400.000 Euro an die Thüringen Philharmonie Gotha werde halbiert. Das Philharmonische Orchester Erfurt könnte dann mit den bei ihm verbleibenden 200.000 Euro wesentlich kostengünstiger Aushilfen auf dem freien Markt verpflichten. Das Orchester, jetzt 59 Stellen, soll aufgestockt werden. Eine Zahl wurde nicht genannt. Ab 2018 will das Land Bauinvestitionen für das Theater Erfurt fördern. Auch hier wurde keine Summe genannt.
Schließlich sollen mit den Theaterverträgen landesweit auch verbindliche Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen werden, kündigte Bürgermeisterin Thierbach an. Das werde auch mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar angestrebt. Hier ist die Skepsis unter den Erfurter Stadträten mittlerweile sehr groß. Im Ausschuss berichtete die Direktorin des Philharmonischen Orchesters Erfurt, Christiane Pesendorfer, dass im August 2015 die Intendanten von Weimar und Erfurt, Hasko Weber und Guy Montavon, über eine weitgehende Kooperation prinzipiell einig waren, sie habe an den Gesprächen teilgenommen. „Hasko Weber ist dann zurückgepfiffen worden, von wem auch immer“, fügte sie hinzu.
Der Erfurter Kulturausschuss will mit Thüringens Kulturminister Benjamin Hoff (Die Linke) kurzfristig über einen Theatervertrag sprechen. Dem Erfurter Generalintendanten Guy Montavon, seit 2002 im Amt, bietet Oberbürgermeister Bausewein einen neuen Vertrag ab 2017 an, informierte seine Stellvertreterin den Kulturausschuss, der das einhellig zustimmend zur Kenntnis nahm.
Der Text erschien zuerst im Feuilleton der Tageszeitung Freies Wort und auf der Internetseite insuedthueringen.de