Thüringer Küche statt Thüringer Landesmuseum

In Erfurt wird es vorläufig kein Landesmuseum zur Geschichte von Thüringen geben. Stattdessen wird in der ehemaligen Defensionskaserne auf dem Petersberg für die Bundesgartenschau 2021 ein längerfristig angelegtes Erlebnisportal Thüringen entstehen.

BUGA-Baustelle Erfurt-Petersberg: links Defensionskaserne, rechts Kirche St. Peter und Paul.

Das kündigte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) bei einem Besuch des BUGA-Geländes an. Damit ist das im September 2017 von Ramelow und Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) angekündigte Projekt eines repräsentativen Landesmuseums für Thüringer Geschichte auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Geplant war, die ganze Thüringer Landesgeschichte über 400.000 Jahre bis zur Neuzeit in einem modernen Museum des 21. Jahrhunderts zu erzählen.

Im September 2019 stellte Ministerpräsident Ramelow in der Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg ein von der Münchener Kulturberatungsgesellschaft actori entworfenes Konzept mit Zeitplan vor. Danach sollten in diesem Jahr die politische Entscheidung für ein Landesmuseum getroffen, ein Gründungsstab berufen und die Aufgabenstellung für Planungswettbewerbe erstellt werden. Dafür waren im Landeshaushalt 500.000 Euro vorgesehen. Nach der damaligen Planung sollte das Landesmuseum im Jahr 2029 eröffnet werden.

Landesmuseum würde über 100 Millionen Euro kosten
Wie im Umfeld des Ministerpräsidenten zu hören war, steht er mit der Realisierung eines Landesmuseums in Erfurt unter gehörigem politischen Druck aus den eigenen Reihen. Das sei gegenwärtig nicht vermittelbar. Experten gehen von einer Summe für Sanierung, Umbau und Ausstattung eines Landesmuseums von über 100 Millionen Euro aus. Eine immer wieder vom Land angekündigte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den laufenden Betrieb eines Landesmuseums wurde bisher nicht vorgelegt.

Wie soll nun die über 200 Jahre alte Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg, hoch über dem Domplatz, genutzt werden? Zur Bundesgartenschau 2021 plant das Land ein „Erlebnisportal Thüringen“ mit einheimischer Gastronomie, einem Regionalitätenmarkt, einer Ausstellung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie mit historischen Fundstücken sowie einer Präsentation der Thüringer Tourismusgesellschaft mit digitalen Elementen. Drei Künstler, ausgestattet mit einem Stipendium, werden jeweils fünf Wochen lang in der Defensionskaserne arbeiten. Kunst soll in ihrem Entstehungsprozess gezeigt werden.

Die gastronomische Einrichtung soll über 2021 bestehen bleiben. Im Jahr 2022 soll die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit auf dem Erfurter Petersberg stattfinden, ebenso der Deutsche Katholikentag 2024. Die Defensionskaserne und die gesamte, sieben Hektar umfassende Fläche auf dem Petersberg sollen künftig für kleine und große Veranstaltungen genutzt werden.

„Das wird ein Knaller.“ Ministerpräsident Ramelow (rechts) zur Kirche als Veranstaltungsort.

Fertig teilsaniert und restauriert ist die der Defensionskaserne gegenüber liegende Kirche St. Peter und Paul, die größte romanische Basilika Thüringens. Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten als Eigentümer wird zur Bundesgartenschau 2021 eine kulturhistorische Ausstellung „Paradiesgärten – Gartenparadiese“ zeigen. In der Kirche werden Konzerte, Lesungen, Vorträge und weitere Veranstaltungen stattfinden, kündigte Stiftungsdirektorin Doris Fischer an. „Das wird ein Knaller“, erwartet Ministerpräsident Ramelow. Er meinte die Kirche.

Veröffentlicht in der Tageszeitung Freies Wort (Print, E-Paper).
Hier erstmals online. Fotos/Screenshot: miplotex

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