Informieren Kuscheln Streiten

Intensiv, informativ und zeitweilig streitbar. Die erste Sitzung des neu aufgestellten städtischen Kulturausschusses in Erfurt lässt ahnen: Da kommt jede Menge Arbeit auf ehrenamtliche Stadträte und die hauptamtliche Kulturverwaltung zu.

Nach Feierabend trifft sich im Rathaus Erfurt der neue Ausschuss Kultur und Theatertransformation

Ganz schön lang und thematisch breit ist die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung am Montag Abend. Öffentlich? Dazu später mehr.

Zuerst wird gewählt. Neuer Ausschussvorsitzender wird Sebastian Perdelwitz, Fraktion Mehrwertstadt. Stellvertreterin wird Katja Maurer, Fraktion Die Linke. Beide mit sehr großer Mehrheit gewählt. Beide mitteljung, hoffentlich durchsetzungsfähig (wo nötig) und ausgleichend zwischen unterschiedlichen Menschen und Interessen.

Der Ausschuss heißt jetzt „Kultur und Theatertransformation“ , kurz KuT, einen städtischen Werkausschuss Theater gibt es auch noch. Der KuT hat 10 ordentliche Mitglieder (ehrenamtliche Stadträte) plus den hauptamtlichen Beigeordneten Dr. Knoblich (gewählt bis zum 31. Januar 2025) und eine Anzahl (wie viel, Ist unklar) sachkundige Bürger (mit Rederecht, ohne Stimmrecht).

Fotografieren hinter der Tür verboten. Dort tagt der Ausschuss.

Über alle Themen der Tagesordnung kann und will ich hier nicht schreiben. Lokale Medien, deren Aufgabe das wäre, waren mit Berichterstattern nicht vertreten.

Ausführliche Debatte über Karneval und die Umzüge 2024 und 2025, Finanzierung und Einsparungen, Kosten für Sicherheit und viel verbalen Einsatz für das gepflegte Brauchtum, mehr hier nicht von mir. Ich bin kein Narr und akzeptiere das.

Gastronomie im Angermuseum? Eine unendliche Geschichte. Aber nur ein Puzzlestein im insgesamt fehlenden Konzept für dieses und weitere städtische Museen, die so ihr Ding machen. Oder auch nicht. Kommt später noch was.

Ein Museumscafé gibt es in keinem Erfurter Museum.

Sachstand Pop-up-Museum oder Ausstellungshalle, wie das jetzt heißt. Noch eine, gefühlt, unendliche Geschichte. Fakt ist, Stand 14. Oktober: einen unterschriebenen Vertrag zwischen der Stadt und dem privaten Eigentümer der Defensionskaserne auf dem Petersberg gibt es immer noch nicht. Wurde schon zig mal von der Kulturverwaltung angekündigt.

Ein Starttermin für das Pop-up-Irgendwas wird nachgefragt. „Ja“, sagt Dr. Knoblich, „zuversichtlich“ ist er. Gemeint ist wohl das Jahr 2025. Nebenbei bemerkt: Knoblich kuschelt verbal über mehr als 2 Sitzungsstunden mit den Stadträtinnen und Stadträten. Beim brisanten Thema „Theaterskandal“ (meine Formulierung) lässt er die beiden in der Sitzung anwesenden Werkleiter absichtsvoll (mein Eindruck) nicht zu Wort kommen. Er will schließlich als Dezernent von den Stadtratsmitgliedern demnächst wiedergewählt werden.

Nach dem „Theaterskandal“ ein Interregnum bis 2027.

Tagesordnungspunkt TOP 5.6. „Wie weiter mit dem Transformationsprozess des Theaters Erfurt?“ Hochspannend und informativ, wenn man noch andere Recherchen und Quellen nutzen kann. Hier nur kurz: Ein Generalmusikdirektor wird für eine kurze Übergangszeit gesucht. Schauspiel ist geplant, Finanzmittel dafür im regulären Theaterbudget vorhanden. Ansonsten schwebt im Hintergrund der Großkonflikt „Theaterskandal“, der längst noch nicht erledigt ist, aber weiter intransparent (unter Ausschluss der Öffentlichkeit) behandelt wird. Mehr von mir hier nicht. Vielleicht später, wenn ich spannende Details aus dieser Sitzung nachrecherchiert habe.

Jetzt lasse ich diverse wichtige Themen aus. Wen es interessiert, der soll online im BIS, im Bürgerinformationssystem Erfurt, nachschauen. Dazu angemerkt: Dieses Info-Portal, verantwortlich ist die Stadtverwaltung Erfurt, wird sehr vernachlässigt. Keine Aktualisierungen, zum Beispiel die Tagesordnung des Kulturausschusses (online vom 2.10.2024, Sitzung am 14.10.2024), eigentlich öffentlich zugängliche Dokumente fehlen (Museumsentwicklungskonzept), unvollständige Übersichten im BIS, welche Stadträte und berufenen Bürger im Kulturausschuss sitzen. Oft fehlt in online veröffentlichten Dokumenten schlicht das Datum für die zeitliche Zuordnung. Genug genölt!

Museum Neue Mühle: Im Jahr 2016 geschlossen. Die Pressemitteilung von damals hängt heute noch im Fenster.

Mein Thema, der TOP 7.1. „Umsetzungskonzept zur Museumsentwicklung – Aktueller Stand“. Auf Nachfrage schickt mir ein Rathaus-Referent kurzfristig die nicht im BIS veröffentlichte 8seitige Übersicht, kompliziert strukturiert, vor bürokratischen Begriffen strotzend, sehr allgemein gehalten, keine Jahreszahlen und Zeitangaben, wann was erreicht werden soll. Und zum wiederholten Mal höre ich im Ausschuss die Bemerkung, die städtische Kulturverwaltung sei überlastet (ein Thema für sich).

Hier nur kurz und knapp: Fast alle städtischen Museen und Häuser werden genannt und mit ein bisschen Zukunft versehen. Klare Prioritäten fehlen, zum Beispiel Erstens Neubau zentrales Museumsdepot, Zweitens Erweiterungsbau Naturkundemuseum, Drittens Neubau oder Erweiterungsbau Kulturhistorisches Museum. Andere, wichtige Museumsaufgaben kommen noch nicht einmal begrifflich vor, zum Beispiel die Kernaufgaben von Museen und ihre spezifischen Sammlungen. Das bereits 3 Jahre alte Museumsgutachten der Beratungsfirma actori München ist irgendwann auch nur noch „Schnee von gestern“.

Erfurter Kulturmanager Knoblich (links) und Horn werden intern von städtischen Kulturmitarbeitern und von externen Kulturpartnern massiv kritisiert. Die Beiden können das nicht nachvollziehen.
Alle Fotos und Archivfotos: miplotex

Zum Schluss des öffentlichen Teils der Kulturausschuss-Sitzung Punkt 7.2.1. „Personelle Erosion in der Kulturdirektion“, beantragt von der CDU-Fraktion, übrigens auch nicht im BIS Erfurt veröffentlicht. Michael Hose, der CDU-Fraktionsvorsitzende, spricht über die Medien-Veröffentlichungen, die Aussagen des Kulturdezernenten sowie des Kulturdirektors Dr. Horn (in der Sitzung abwesend). Horns Führungsstil und menschliche Qualitäten werden intern und anonym massiv kritisiert (das ist auch ein Extra-Thema wert).

Herr Dr. Knoblich verteidigt, natürlich, was sonst, den Kulturdirektor. Er lenkt verbal und weitschweifig ab von externer und interner Kritik, die auch ich immer wieder zu hören bekomme, nicht nur einseitig. Michael Hose lässt da, eher beiläufig, einen Satz fallen, wie ein Donnerschlag. „Wir fürchten Repressionen aus der Kulturdirektion“, zitiert er ungenannte Menschen aus der freien Kulturszene, die auf finanzielle Förderung ihrer Projekte und weitere Unterstützung angewiesen sind.

Repressionen befürchtet! Das ist für mich ein Hammer.

Das Thema „Personelle Erosion …“ bleibt im öffentlichen Teil der nächsten Kulturausschuss-Sitzung ein Thema. Die Stadträte stimmen darüber ab und einhellig für „Öffentlich“, gegen den Willen der Stadt- und Kulturverwaltung. „Das Thema gehört in die Öffentlichkeit“, sagt Herr Hose. Und das ist gut so, finde ich, leider der einzige Journalist, der diese Sitzung live verfolgt hat.

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