Pandemie? Krisen? War da was? Ist da was? „Mir geht’s gut. Ich habe in den letzten drei Jahren gut verkauft.“ Ganz gelassen und entspannt gibt sich der Künstler Udo Eisenacher aus Meiningen.
Die 13. Thüringer Kunstmesse artthuer
in der Messe Erfurt ist der größte Marktplatz für zeitgenössische Kunst in Thüringen und Mitteldeutschland. Die „Dreizehnte“ ist auch „wie ein Klassentreffen“, sagt Eisenacher, der vor allem die Gespräche mit den Künstler-Kollegen sucht. Manche haben sich vier Jahre nicht persönlich gesehen und gesprochen. Die 12. Kunstmesse 2020 wurde wenige Tage vor der Eröffnung abgesagt. Corona hatte etwas dagegen.
Seit gestern und noch bis morgen ist die große Schau mit 112 Künstlern an 106 Ständen zu erleben. Dazu kommen vier kommerzielle Thüringer Kunstgalerien, die 12 weitere Künstler und ihre Kunst vorstellen. Kunstvereine und -förderer, Freunde und Partner des Thüringer Künstlerverbandes, Sponsoren und finanzkräftige öffentliche Geldgeber bekommen ihre Bühne und ein Podium. So viel Kunst und Kommunikation und Käufer kommen nur alle zwei Jahre zueinander. Da wurde es jetzt wieder Zeit.
Die ersten Stunden der artthuer gehören am Freitag jungen Besuchern. Über 1.000 Schüler laufen und lustwandeln durch die Messehalle mit und ohne Auftrag.
„Wie sieht ihr Alltag aus?“,
wird Christian Sachs aus Masserberg gefragt. Er schmunzelt und bedient nicht das Klischee, Künstler würden spät aufstehen, so in den Tag hineinleben und Kunst machen. Er arbeitet sehr strukturiert, diszipliniert und kreativ, um Glasobjekte, Schmuck und, auch das gibt’s, gemeinsam mit einem anderen Künstler ein Wandbild mit Objekt zu gestalten. „Elysium 1“ und „Götterfunken“ kommt wie eine kosmische Explosion daher. Freundlich ausdauernd redet er mit den Gymnasiasten aus Sömmerda über seine Formensprache und die Dinge, denen er einen Sinn geben will. Die Preise für die ausgestellten Kunstobjekte beginnen bei ca. 50 Euro bis zu vier- und fünfstelligen Summen. Das Geschäft scheint gut zu laufen.
Darauf angesprochen, ob sie ihre „schrägen Typen“ gut verkaufe, Figuren aus Bronze, Stein und Papier, kommt ein kurzes „ja“. Claudia Katrin Leyh aus Kaltennordheim hat es mit Menschenfiguren: Regentin, Misanthropen, Bedenkenträger,
Urban Girl und Urban Cowboys. Das kommt bei Besuchern und Kunstkäufern gut an. Pandemie und Krisen? „Ach, Menschen wie wir leben sparsam, wir konzentrieren uns auf das Wesentliche“, reagiert sie locker sympathisch auf das ewige, öffentliche Krisengerede. Das geht ganz vielen Künstlern auf den Geist, wie eine Umfrage deutlich macht.
Tatsächlich eine Premiere ist die artthuer
für die Glaskünstlerin und Designerin Katharina Kerntopf aus Ilmenau. Sie ist seit 30 Jahren mit ihren Projekten und Objekten in öffentlichen Räumen und Gebäuden präsent. Das heißt „Kunst am Bau“, oft auch im Bau, zuletzt sehr erfolgreich in den Henneberg-Kliniken in Hildburghausen und im Evangelischen Kindergarten in Erfurt-Gispersleben. In beiden Häusern konnte sie große, mehrteilige Projekte realisieren: Bilder, Installationen, Glasfenster. Dem voraus gehen fast immer Wettbewerbe. Konzepte und Kalkulationen müssen eingereicht werden. Da steckt viel Arbeit drin und ein Honorar fließt erst mal nicht. „Große Glücksfälle waren das, die Aufträge zu bekommen“, erzählt die Künstlerin. Sie konnte sich einen Schmelzofen kaufen, experimentiert jetzt mit Glas. Ja, ganz viel Energie verbraucht der Ofen, noch habe sie einen vergleichsweise günstigen Tarif bei ihrem Lieferanten.
Etablierte und erfolgreiche Künstler
wie der Maler Manfred Hausmann aus Meiningen, der Glaskünstler Wolfgang Nickel aus Rosa und Ralph Eck aus Ilmenau sind wieder auf der artthuer vertreten. Beate Debus aus Oberalba hat ihrer Weimarer Galeristin Elke Gatz-Hengst eine kleine Holzplastik für die artthuer gebracht. Die Künstlerin ist auf großen nationalen und internationalen Kunstmessen präsent, hat sich ihren exzellenten Ruf über Jahre erarbeitet. Die Käufer ihrer Skulpturen aus Holz und Bronze kommen aus Amerika und Europa. Die Preise bewegen sich im fünfstelligen Bereich.
Das Geschäft mit der Kunst auf der artthuer
ist im letzten Jahrzehnt ständig gewachsen, vor allem, seit sie auf der Messe Erfurt stattfindet. Da werden hoffentlich auch diesmal, inklusive des Messe-Nachgeschäfts, mehrere hunderttausend Euro umgesetzt. Vor allem jüngere Käufer und Privatsammler hat der Thüringer Künstlerverband ausgemacht, die gezielt einkaufen. Der Freistaat Thüringen hält sich bedeckt, was und wie viel er für seine Kunstsammlung anschaffen will. Museen haben kaum Ankaufsetats für moderne Kunst. Der Kunstpreis der artthuer, gesponsert von der SV SparkassenVersicherung, ist mit einem Preisgeld von 5.000 Euro dotiert. Eine Jury wird eine Künstlerin oder einen Künstler mit ihrer oder seiner Messe-Präsentation auswählen. Das Publikum vergibt einen Preis, der mit einer Ausstellung und einem Katalog honoriert wird. Der Freistaat Thüringen fördert die Kunstmesse generell sowie Künstlerkojen und das üppige Rahmenprogramm. Alles in allem kommt da eine gute sechsstellige Summe zusammen.
Die Stimmung auf der artthuer ist spürbar gut und entspannt
bei Künstlern, Besuchern und Veranstaltern. Die Schüler waren gestern offen und neugierig unterwegs. Gespräche über Kunst und die Welt überall in der Messehalle. Heute und morgen soll das so weitergehen. Der Besuch auf der artthuer in der Messe Erfurt lohnt sich sehr: zum Schauen, Reden und Kaufen.