Ausstellung in Weimar

Die Rettung der Bücher

2. September 2004, 20:26 Uhr, in Weimar brennt die Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Zehn Jahre später dokumentiert eine Ausstellung, wie Bücher gerettet worden sind. So tragisch das Ereignis 2004, so stolz sind Restauratoren und Wissenschaftler, sind die Mitarbeiter der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zehn Jahre später über die geretteten Bücher und die dabei gewonnenen Erkenntnisse. Und das mit Recht.

Der erste Blick des Betrachters in der Ausstellung im historischen Bibliotheksgebäude in Weimar fällt auf eine Fotowand. Sie illustriert kaleidoskopartig „Die Rettung der Bücher der Herzogin Anna Amalia Bibliothek“, so der Ausstellungstitel, von der Brandnacht bis in die Gegenwart. In der ersten Vitrine sind exemplarisch zwei Bücher ausgestellt, das eine geschädigt mit Brand- und Rußspuren, das andere restauriert. Diesen komplexen Prozess, vom geschädigten zum restaurierten und wieder benutzbaren Buch, versucht die Ausstellung transparent zu machen.

Geschädigt, verbrannt, restauriert, dokumentiert. Zehn Jahre nach dem Brand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar.
Geschädigt, verbrannt, restauriert, dokumentiert. Zehn Jahre nach dem Brand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar.

Das gelingt in hohem Maße mit beispielhaften Buchexemplaren, mit der fotografischen und filmischen Dokumentation von Restaurierungen und speziellen Arbeitsabläufen, mit Texttafeln und Übersichten, die den komplexen Prozess nachvollziehbar machen. Zu Beginn stand die Frage, wie mit einem solchen Schadensfall bei historischen Büchern und Dokumenten umgegangen werden muss. „Wir waren darauf nicht vorbereitet“, sagte Prof. Ulrike Hähner von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim, die seit 2007 mit der Weimarer Bibliothek kooperiert. Die Wissenschaft war es nicht und die Bibliothek auch nicht, aber es entstand ein interdisziplinäres Netzwerk von 27 Partnern in Europa und Japan, von  Werkstätten, Laboren, Hochschulen und Bibliotheken, um die geschädigten und verbrannten Bücher zu retten.

Zehn Jahre "Brandfolgenmanagement". Ein Ende ist nicht absehbar. Fotos: mip
Zehn Jahre „Brandfolgenmanagement“. Ein Ende ist nicht absehbar. Fotos: mip

Der Begriff „Brandfolgenmanagement“ kann nur abstrakt die Krisenbewältigung nach dem Brand bis heute beschreiben. Jürgen Weber, stellvertretender Bibliotheksdirektor, berichtete in der Ausstellung über Recherchen und Forschung, die zunächst zu leisten waren, um den „interdisziplinären Restaurierungsprozess“ in Gang zu setzen. Es ging darum, Restaurierungsziele und Qualitätsstandards zu definieren, weltweit geeignete Werkstätten zu finden für die Restaurierungen und dabei das deutsche Vergaberecht zu beachten. Gleichzeitig wurden Forschungsarbeiten initiiert, die unmittelbar in der Praxis genutzt werden konnten, etwa bei der patentierten Papierrestaurierung.

Wer sich auf die Ausstellung und den vorzüglichen Katalog mit Interesse und Geduld einlässt, wird viele Geschichten über gerettete Bücher, Technologien, Forschungen, Netzwerke, beteiligte Experten, den Freundeskreis der Bibliothek und Spender erfahren. Die ruß- und rauchgeschädigten Bücher, die Einbandschäden sind alle restauriert, die Bücher können wieder benutzt werden. Noch nicht geschafft sind die sogenannten Aschebücher. Die Brandfolgen „werden uns noch Jahre und Jahrzehnte beschäftigen“, prognostizierte gestern Bibliotheksdirektor Michael Knoche.

Die Ausstellung läuft bis 09.08.2015 im Historischen Bibliotheksgebäude der Herzogin Anna Amalia Bibliothek.

Der Text erschien zuerst in der Tageszeitung Freies Wort (Printausgabe) und im Internet.

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