Werden Wahlen im Netz gewonnen?

NEIN, sagt der Politik- und Digitalberater, der Blogger Martin Fuchs. JA, entgegnet ihm der Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt TLM, Jochen Fasco, mit der Einschränkung, „wenn es knapp wird.“

Es könnte knapp werden am Tag der Landtagswahlen in Thüringen, am 27. Oktober 2019, wenn man die letzte Wählerumfrage und Sonntagsfrage heranzieht. Die Thüringer Mediengespräche #tmg19 sind ein öffentliches Gesprächsformat der TLM, der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen LZT und der Mediengruppe Thüringen MGT. Diesmal zur „Bedeutung von Internet und Social Media“, angeheizt durch die Debatte über das Rezo-Video im Vorfeld der Europawahl im Mai 2019. Ein Riesenthema, das sehr gut eingefangen und moderiert wird von Ine Dippmann vom MDR, im Ehrenamt Vorsitzende des DJV-Landesverbandes Sachsen.

Hollitzer, Schlichting, Fasco, Moderatorin Dippmann (v.l.n.r.) auf dem Podium.

Das hier ist kein Bericht, der die Diskussion abbildet. Ich will einzelne Fakten, Argumente und Meinungen aufgreifen und reflektieren.

Der Chefredakteur der Thüringer Allgemeine, Jan Hollitzer, nennt Zahlen: Aktuell verkaufte Auflage aller drei Zeitungstitel TA, OTZ und TLZ ca. 220.000, das heißt 660.000 erreichte Leser in Thüringen bei einer Einwohnerzahl von ca. 2,1 Millionen. Ich habe nochmal nachgeschaut bei ivw, darunter sind bei den drei Zeitungen rund 4 Prozent Abonnenten eines E-Paper, also ca. 8.800. Aber das ist ein Extrathema. Nur so viel von Hollitzer: Die Zeitungen suchen noch das digitale Geschäftsmodell.

Aktuelle Statistik über die verkauften Abos von TA, OTZ und TLZ, darunter ePaper.

Einen bemerkenswerten Gedanken formuliert Franz-Josef Schlichting, Leiter der LZT, zu Beginn des Gesprächs. Er differenziert zwischen professionellen und nicht professionellen Medienakteuren und -produkten, weniger zwischen analog und digital. Ihm geht es um die Qualität (was ist das?) der Medienproduzenten und -produkte. Ich hebe das deshalb hervor, weil sich Martin Fuchs explizit nicht als Journalist versteht. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten, dass er journalistische Maßstäbe, Kriterien und Regeln nicht unbedingt auf sich bezogen wissen will. Ich meine hier u. a. gute handwerkliche Qualität, Sprachgebrauch (ein Lieblingswort von Fuchs ist „Bullshit“), Quellentransparenz, verifizierte Fakten, Presserat, das Regelungsbedürfnis des Staates in puncto analoger und digitaler Medien.

Der Impulsvortrag von Martin Fuchs in einem atemlosen Sprechtempo mit zum Teil skurrilen Animationen überzeugte mich und ließ mich an einigen seiner Thesen doch zweifeln.

Martin Fuchs sprintet durch das Netz und die Politik. Fotos/Screenshot: miplotex

Martin Fuchs MF: „Wahlen sind eine komplexe Entscheidung.“
JA, stimme ich zu. NEIN, für manche Wähler ist das ganz einfach.

MF: Bei SoMe „geht es um Inhalte, Respekt, Vertrauen“, da ist ein ganz langer Atem notwendig.
D´accord.

MF: Die mittlere Generation (40 bis 60 Jahre) ist weniger bereit zu lernen und sich (weiter) zu bilden.
Unterschreib ich so nicht.

MF: Es gibt keine Trennung mehr zwischen Offline und Online.
Das muss jeder für sich entscheiden und praktizieren. Offline ist wie Schlaf, der notwendig ist. Braucht jeder mehr oder weniger

MF: Politik muss mehr erklärt werden, zum Beispiel wie ein Parlament funktioniert, wie ein Kompromiss zustande kommt.
Ja, genau so. Wie eine Gesellschaft funktioniert, wie Menschen handeln (oder auch nicht) ist das tägliche Brot von journalistisch geprägten Medien, egal ob analog und/oder digital verbreitet.

Zum Schluss drei positiv besetzte Stichworte, die in der Diskussion fielen: Spaß. Schön. Freude.

Wenn der Wahlkampf bis zum 27. Oktober so geführt würde…

Schluss hier. Jetzt reichts.

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