Kulturstiftung: Vertragsentwurf mit Sprengkraft

Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten (STSG) geht fast vollständig in die neue Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten (KMSG) auf. Das geht aus dem Entwurf des Staatsvertrages mit dem Land Sachsen-Anhalt hervor, der dieser Zeitung vorliegt.

Die Veste Heldburg mit dem Deutschen Burgenmuseum, Teil der Thüringer Schlösserstiftung, wird in die neue Kulturstiftung Mitteldeutschland eingehen.

Danach sollen 30 von 31 Thüringer Liegenschaften und deren Vermögen in die neue, länderübergreifende Kulturstiftung überführt werden. Die zum Weimarer Residenzschloss gehörende Bastille soll in das Eigentum der Klassik Stiftung Weimar eingehen. Damit rückt Thüringen vom ursprünglichen Ziel ab, nur ausgewählte Liegenschaften in die neue Kulturstiftung einzubringen und die Thüringer Stiftung zu erhalten.

Neben herausgehobenen Schlössern in Dornburg, Gotha, Rudolstadt, Schleusingen, Schmalkalden und Sondershausen gehören die Burgruinen Bad Liebenstein, Ehrenstein, Henneberg, Gleichen oder das Kirms-Krackow-Haus Weimar zum Bestand der STSG. Die darin befindlichen Museen werden überwiegend kommunal betrieben. Mit dem Übergang des Thüringer Stiftungsvermögens in die neue Kulturstiftung wird die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten aufgelöst.

Die neue Stiftung soll vor allem das Sonderinvestitionsprogramm I des Bundes und der beiden Länder umsetzen, das bis 2028 ein Volumen von insgesamt 400 Millionen Euro umfasst. Hinzu kommen Betriebskosten der drei Partner in Höhe von jährlich 60 Millionen Euro. Dazu bedarf es noch einer Bund-Länder-Vereinbarung, die Einzelheiten regelt.

Der Eingang von Schloss Elisabethenburg in Meiningen.

Im Entwurf des Staatsvertrages ist die Option enthalten, dass binnen fünf Jahren drei namentlich genannte Thüringer Schlösser in die neue Kulturstiftung unentgeltlich übetragen werden können. Dazu zählt Schloss Elisabethenburg in Meiningen. Ob Marstallgebäude (Theatermuseum), Baumbachhaus und Schlosspark dazu gehören, wird im Vertragsentwurf nicht deutlich. Allerdings soll der bisherige Eigentümer dauerhaft einen angemessenen Beitrag zu Erhalt und Betrieb der Liegenschaften leisten. Schloss Friedrichswerth im Landkreis Gotha und der Schlosskomplex Altenburg sind die beiden anderen Kandidaten für die neue Stiftung. Nicht namentlich genannt wird überraschenderweise das vom Land enteignete Schloss Reinhardsbrunn bei Tabarz.

Zum Betrieb von Museen in den Thüringer Schlössern und Burgen werden im Vertragsentwurf keine Aussagen gemacht, ebenso nicht zu ihrer Stellung in der künftigen Hierarchie der neuen Kulturstiftung. Museumsdirektoren aus Thüringen hatten in einem Positionspapier gefordert, dass Museen der Bauabteilung gleichgestellt werden, damit sie souverän und eigenverantwortlich arbeiten können.

Die Kulturstiftung wird ihren Sitz in Halle/Saale haben, Rudolstadt wird ein Verwaltungsstandort. Das Land Sachsen-Anhalt benennt mit Inkrafttreten des Staatsvertrages am 1. Januar 2021 den Generaldirektor, Thüringen den ständigen Vertreter, der zugleich leitender Baudirektor ist. Das Personal beider Landesstiftungen wird übernommen und künftig nach Bundestarif bezahlt.

Dem Stiftungsrat gehören je zwei Ministeriumsvertreter der drei Seiten an. Er beschließt über Grundsatzangelegenheiten mit Stimmenmehrheit, ausgenommen den Haushalts-, Stellen- und Finanzplan. Abstimmungen über Inhalte der Stiftungssatzung müssen einstimmig erfolgen. Die Satzung regelt u. a. die Kompetenzen eines beratenden Beirates, dem Vertreter der Denkmalpflege, der Museen, Kirchen und Kommunen angehören sollen.

In Stein gehauene Identität Thüringens: Die Mühlburg im Drei-Gleichen-Gebiet.

Betroffene Kommunen und Landkreise reagierten sehr kritisch auf den Entwurf des Staatsvertrages. CDU-Landrat Reinhard Krebs (Wartburgkreis) fürchtet um die kulturelle Identität und Selbstbestimmung Thüringens. SPD-Landrat Marko Wolfram (Saalfeld-Rudolstadt) fordert den Erhalt der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten mit Sitz in Rudolstadt. Ganz kurzfristig bis zum 21. Mai sollen die Kommunalvertreter Stellung nehmen zum Vertragsentwurf. Die Thüringer Landesregierung will sich Anfang Juni mit dem Staatsvertrag befassen. Danach soll es im Thüringer Landtag eine Anhörung geben.

Der Vertragsentwurf wirft Fragen auf und birgt Sprengkraft, weil unmittelbar Betroffene bis Donnerstag nicht einbezogen waren, selbst der Thüringer Landtag nicht. Die Landesregierung sollte dem Landtag „fortlaufend über den Prozess“, gemeint ist die Arbeit am Staatsvertrag, berichten, beschlossen am 27. September 2019. Passiert ist nichts. Der Landtag hat das letzte Wort und stimmt über den Staatsvertrag ab.

Doppelter Aufschlag in der Zeitung: Zum Internationalen Museumstag (links) mit toller Karikatur von Ralf Böhme RABE (DANKE) und zur neuen Kulturstiftung. Archivfotos/Screenshot: miplotex

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